Chris Gall – Impressionists Improvised

Zu den angesehensten deutschen Talenten seiner Generation gehört derzeit der Münchner Pianist und Komponist Chris Gall, der die Grenzen des Jazz ständig erweitert. Der Absolvent des renommierten Berklee College of Music wirkte nach Abschluss seines Studiums an Filmsoundtracks mit, tourte als Solist mit den Salzburger Philharmonikern, machte Aufnahmen mit dem populären Quadro Nuevo und veröffentlichte mehrere Alben unter seinem Namen.

IMPRESSIONISTS IMPROVISED heißt sein jetzt erschienenes drittes Klavier-Solo-Album, auf dem er ikonische Werke von Satie, Debussy und Ravel mit seinen eigenen inspirierten Kompositionen kombiniert. 150 Jahre nach dem Beginn der impressionistischen Bewegung in Paris bietet Gall eine neue, erfrischende Perspektive, die den klanglichen und harmonischen Reichtum des Impressionismus mit der improvisatorischen Essenz des Jazz zu einer neuen Klangwelt verbindet, die das Erbe nostalgisch bewahrt und modern zugleich ist.

Das Album umfasst neun Stücke der genannten Klassiker, die Gall auf zwei makellos eingespielten Klavieren meisterhaft subtil und virtuos präsentiert. Dabei kommt es ihm nicht darauf an, die Originale zu verbessern, sondern vielmehr diese neu zu kontextualisieren. „Im besten Fall wird dieser Moment des Umgestaltens zu einer nachhaltig-erfrischenden Erfahrung, die zugleich Respekt vor dem Original zeigt“, so der Musiker im Interview. Hinzu kommen vier Kompositionen, die aus seiner eigenen Feder stammen.

Abgesehen von den allgemein bekannten Stücken auf diesem Album ist es oft schwer zu erkennen, wo Galls Eigenkompositionen beginnen und das klassische Repertoire endet – ein Beweis für die wahre Essenz des Albums. Nur wenige verschieben die Grenzen der Fusion so kühn und gekonnt wie Chris Gall, indem er seine Verehrung für vergangene Meister mit seinen eigenen Schöpfungen verschränkt.

Das Albumbeginnt mit Erik Saties „Gymnopedie No. 1“, das auf einem zart präparierten Klavier gespielt wird und so die schöne, herzliche Einfachheit des minimalistischen Originals bewahrt. Galls spielerische Herangehensweise an Saties „Gnossienne No. 2“ verleiht der rätselhaften Melodie die rhythmische Eleganz des Broadway-Jazz.

Aus dem Repertoire von Maurice Ravel hat Gall zwei Stücke ausgewählt. „Pavane pour une infante défunte“ versprüht den Übermut einer Brit-Pop-Hymne. Demgegenüber ist die Toccata aus dem „Tombeau de Couperin“, ursprünglich Teil einer sechsteiligen Suite, die Ravel einem im Ersten Weltkrieg gefallenen Freund gewidmet hat, voll von synkopischen Rhythmen, die dem Pianisten erlauben, seine große Virtuosität in einer lockeren Improvisation ungezügelt zu entfalten.

Claude Debussy liebte subtile Modulationen und reiche harmonische Texturen. Chris Gall wählte „Rêverie“, eine feine Komposition, die schon von vielen Künstlern wie Bing Crosby oder Ella Fitzgerald verwendet wurde. Gleich in zwei verschiedenen Versionen erscheint Debussys „Claire de lune“ – zunächst auf einem Flügel mit einer Mischung aus Klassik und Jazz und sodann als Schlusstitel auf einem präparierten, aufrechten Klavier.  

Ergänzt werden diese bekannten Werke durch Chris Galls eigene Kompositionen, die sich nahtlos in das Konzept des exzellenten Albums einfügen. Hervorzuheben unter diesen sind insbesondere das Stück „The Impressionist No. 1“, das ein entspannter Jazz-Walzer ist. Satiesfaction“ präsentiert der Münchner demgegenüber als eine kühne Hommage an das Original, die klassische Elemente mühelos mit der rebellischen Energie des zeitgenössischen Rock verbindet.

IMPRESSIONISTS IMPROVISED ist ein faszinierendes Solo-Klavier-Album, das deutlich zeigt, warum Chris Gall zu Recht als einer der herausragendsten zeitgenössischen Pianisten Deutschlands gilt.

VÖ.: 28. März bei GLM Music | Vertrieb Edel

Live-Termine von Chris Gall:
02.03.25 Weinstadt – Jahnhalle, Piano Intim
14.03.25 Ebersberg – Altes Kino
15.03.25 Traunstein – Kulturforum Klosterkirche
29.03.25 Vilgertshofen – Kultur-Stadl

04.04.25 Zwingenberg – Theater Mobile
09.05.25 Dresden – Jazzclub Tonne
01.05.25 Ofterschwang – Sonnenalp
25.05.25 Berlin – Piano Salon Christophori
02.06.25 München – Deutsches Theater, Großer Theatersaal 

Foto: Phil Vetter

Hans Kaltwasser
Hans Kaltwasser
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