Der Körper, ohne ihn hätten wir kein menschliches Selbstbewussten und doch ist er oft Quelle für ein fehlendes Selbstwertgefühl. Er ist Projektionsfläche für die eigenen Ansprüche ebenso wie der anderer. Er ist Grundlage und Austragungsort unzähliger Fantasien, Wünsche und Begierden.
Zunehmend ist er herausgefordert von technischen Erweiterungen wie den Möglichkeiten der Digitalisierung, die auch das Innere des Körpers nach außen bringen.
Und dennoch ist er mehr als bloß ein Knotenpunkt innerhalb eines virtuellen Datennetzwerks im Nirgendwo. Er ist und bleibt die Basis unseres Handelns.
Dieser komplexen Verflechtung geht die Ausstellung Body in Pieces nach. Sie thematisiert zentrale Widersprüche unserer Gegenwart am Beispiel des menschlichen Körpers. In den Arbeiten der sieben internationalen Künstler*innen erscheint der menschliche Körper immer wieder in fragmentierter Form.
So kollidieren am Körper beispielsweise technologische Zukunftsvisionen mit reaktionären Moralvorstellungen. Weiterhin stehen die scheinbar frei wählbaren Möglichkeiten der Körpermodifizierung unter dem neoliberalen Druck, für seinen Körper selbst verantwortlich zu sein. Gleichzeitig bleibt der Körper nach wie vor die faszinierende organische Basis unserer Wünsche und Begierden. In den zahlreichen, zum Teil eigens für die Ausstellung entstandenen Rauminstallationen sowie in Videos, Skulpturen, Gemälden und Wandmalereien verbinden sich aktuelle wie zeitlose Fragen zur Conditio Humana.
Wie der menschliche Körper zur Erzeugung von Wissen formatiert und instrumentalisiert wird, ist das zentrale Thema der künstlerischen Arbeit von Mariechen Danz. Ihre für die Ausstellung entstandene, mehrteilige Rauminstallation setzt den Fokus auf das Innere des Menschen und darauf, dass Organe die Rolle von Wissensspeichern einnehmen.
Ryan Trecartins Videoinstallation Sibling Topics (2009) widmet sich dem Einfluss der Massenmedien und digitalen sozialen Netzwerke auf unser Denken und Fühlen. Trecartins kreatürliches Universum ist besiedelt von affektgebundenen, vernetzten Körpern, die beständig auf äußere Impulse reagieren und diese in ihrer eigenen sozialen Echokammer weiterleiten. Realität und Fiktion überschneiden sich in der zweiten filmischen Arbeit der Ausstellung.
Three Casualties (2018) von Jens Pecho zeigt Szenen aus Spielfilmen, in denen Doubles beim Dreh von Stuntszenen zu Tode gekommen sind. Pecho vergegenwärtigt die doppelte Gegebenheit des Körpers: als medialer Körper, der den physischen Tod wie ein unsterblicher Zombie ‘überlebt‘ und als existentielle Erfahrungsdimension, die den Menschen an seine Leiblichkeit erinnert.
Leda Bourgognes Assemblagen und Malereien stecken mit ihren unterschiedlichen Öffnungen, Materialverknotungen und Verklebungen voller Anspielungen auf einen fragmentierten Körper. Viele ihrer Arbeiten kreisen um scheinbar gegensätzliche körperliche Handlungen und spielen virtuos auf der Klaviatur unserer Gefühle: Verletzung paart sich mit Heilung, zertrennte Elemente werden nachträglich zusammengenäht oder geklebt und zur Kompensation mitunter sogar geküsst.
Künstler: MONICA BONVICINI, LEDA BOURGOGNE, MARIECHEN DANZ, NADIRA HUSAIN,JENS PECHO, LILI REYNAUD-DEWAR, RYAN TRECARTIN
Body in Pieces
Ausstellungslaufzeit: 22. Februar bis 12. Mai 2019
KAI 10 Arthena Foundation Düsseldorf
TItelbild: Ryan Trecartin, Sibling Topics (section a), 2009, HD video still, Courtesy of the artist and Elizabeth Dee, New York and Sprüth Magers, Berlin/London/Los Angeles. On loan from JULIA STOSCHEK FOUNDATION