Nachdem Scarlett Johansson im weitreichenden Marvel Cinematic Universe über Jahre schon mehrfach in die Rolle der Natasha Romanoff alias Black Widow geschlüpft ist, kommt die russische Superagentin nun mit ihrem eigenen Solo-Abenteuer in die Kinos. Nun, nachdem der deutsche Kinostart aufgrund der Coronapandemie etwa um ein Jahr verschoben wurde, ist es ab dem 8. Juli mit dem Start soweit. Und zwar nicht nur in den deutschen Lichtspielhäusern, sondern auch über den VIP-Zugang des Streamingdienstes Disney Plus.
Allein: Der 134 Minute lange „Black Widow“ ist zum Restart des Kinos kein rundum gelungener Marvel-Blockbuster. Vielmehr offenbart der Streifen durchaus die eine oder andere Schwäche. Eine gewohnt stark und sympathisch aufspielende Johansson sowie der weitere sehenswerte Cast sorgen allerdings dennoch dafür, dass sich der Film im gehobenen Mittelfeld der bisherigen Filme des MCU wiederfindet.
„Black Widow“ Johansson und Pugh sind starke Frauenfiguren
„Black Widow“ setzt dabei nach den Ereignissen von „The First Avenger: Civil War“ und noch vor „Avengers: Infinity War“ sowie „Avengers: Endgame“ an: Romanoff ist nach dem zwischenzeitlichen Bruch der Avengers auf der Flucht und muss sich einem dunklen Kapitel ihrer Vergangenheit stellen. So trifft sie auf Yelena Belova (Florence Pugh), Alexei Shostakov (David Harbour) alias Red Guardian und Melina Vostokoff (Rachel Weisz), mit denen sie in ihrer Kindheit eine Art Familie bildete, bevor sie gemeinsam mit Belova das Black-Widow-Programm durchlief. Dafür, dass das Wiedersehen alles andere als harmonisch wird, sorgt nicht zuletzt Bösewicht Taskmaster, der die Kampftechniken seiner Gegner perfekt kopieren kann…
Regisseurin Cate Shortland hat in ihrer Vergangenheit immer mal wieder Geschichten und Schicksale von Frauenfiguren thematisiert – nun eben auch im Rahmen Black Widows Origin-Story. Allerdings, und diese Anmerkung muss gerade nach den Vorkommnissen um die Superheldin in „Avengers: Endgame“ erlaubt sein, ist die Motivation zu diesem Film durchaus fragwürdig. Zumindest zu diesem Zeitpunkt. Denn: Wäre „Black Widow“ beispielsweise zwischen „Avengers: Infinity War“ und „Avengers: Endgame“ veröffentlicht worden – „Captain Marvel“ lässt grüßen -, wäre die emotionale Wucht der Geschehnisse in „Endgame“ sicher noch um einiges erhöht worden. So erfährt der Zuschauer in der tatsächlichen Konstellation immerhin nachträglich noch einige Dinge über Romanoffs Vergangenheit, die nun – da einige Monate oder Jahre zu spät – allerdings mehr oder weniger verpuffen.
Einen Sinn mit Blick in die Zukunft könnte „Black Widow“ dagegen jedoch zumindest in der Hinsicht haben, dass einige neue Figuren eingeführt werden, die womöglich auf diese Weise noch im Nachhinein einen Platz im aktuellen MCU spendiert bekommen könnten.
Wie eingangs erwähnt, sind Johansson und Pugh die absoluten Stärken des Films. Ob in Einzelszenen oder gemeinsam: Das Duo funktioniert und trägt den Film. Wobei Johansson sogar nicht allzu dominant auftritt und der Newcomerin so einen guten Teil der Bühne überlässt. Das Ganze funktioniert bestens.
Leider etwas blass bleiben dagegen Weisz und vor allem Harbour. Dessen Figur des Red Guardian hätte um einiges mehr Potenzial gehabt. Sowohl in Sachen Action als auch vor allem hinsichtlich des Humors. Dieser ist in „Black Widow“ nicht durchweg überzeugend. Nicht jeder Gag sitzt. Gleiches gilt ebenso für die emotionalen Momente. Hier sind manche richtig stark, gerade wenn es um die Familiengeschichte geht, andere verpuffen jedoch weitgehend wirkungslos.
In Sachen CGI gibt es – gerade wenn man die gewohnte Marvel-Qualität als Maßstab nimmt – überraschenderweise sogar einige Schwächen. Die Action ist solide, jedoch teils auch zu zerschnitten. Und auch die weitgehend generische Geschichte sowie der blasse Bösewicht Taskmaster, dessen an sich spannende Fähigkeiten viel zu wenig Raum bekommen, sorgen nicht dafür, dass sich „Black Widow“ über den gehobenen Marvel-Durchschnitt erheben kann.
Fazit: Mit „Black Widow“ erhält Natascha Romanoff eine ordentliche Origins-Story, in der zwar die Stärken überwiegen, jedoch die Schwächen nicht zu übersehen sind. Allerdings wurde hier gerade durch die (zu) späte Veröffentlichung innerhalb der Film-Chronolgie des MCU einiges an emotionaler Wucht verschenkt. Schade, denn da hätte noch viel mehr drin gesteckt. Dennoch: Gerade für Fans des MCU sollte sich der Streifen insgesamt jedoch durchaus lohnen.
3 von 5 Punkte
Fotos: © Marvel Studios/Walt Disney