Ant-Man – Filmtipp

Mehr, mehr, mehr. Mehr Action, mehr Superhelden, mehr Bombast – einfach mehr von allem. So in etwa kann die Entwicklung der bisherigen Comicverfilmungen aus dem Hause Marvel in den vergangenen Jahren wohl am einfachsten zusammengefasst werden. Und mit dem blockbustenden Actionfeuerwerk „Avengers 2 – Age of Ultron“ erreichte ebenjener Lauf der Dinge in dem Comic-Universum vor wenigen Monaten seinen vorläufigen Höhepunkt.

Vor diesem Hintergrund kommt automatisch folgende Frage auf: Wie soll nun ein einzelner Superheld das Action-Gewitter der Weltretter-Truppe überhaupt noch überbieten können?
„Ersatzmann“ Peyton Reed, der nach dem überraschenden Rückzug von Edgar Wright („Kreative Differenzen“) auf dem Regiestuhl Platz nahm, gibt mit „Ant-Man“ die simple, dabei passende und vor allem kreative Antwort: Gar nicht!

Denn der Superhelden-Film, der acht Jahre und zehn Marvel-Filme nach dem ersten Teil von „Iron Man“ die zweite Phase des Marvel-Universums fortführt, geht in eine komplett andere Richtung und bleibt bei Explosionen, Schauplätzen und Handlungsumfang vergleichsweise zurückhaltend. Alles ist schlichtweg kleiner, ja, sogar viel kleiner. Und gerade das ist es auch, was den Charme von „Ant-Man“ ausmacht und dabei dem Zuschauer zudem (manche mögen sagen: endlich) neue Perspektiven beschert.
Denn wenn Scott Lang (Paul Rudd) in den Ant-Man-Anzug schlüpft und auf die Größe einer Ameise zusammenschrumpft, werden sogar Badewanne, Koffer, Disko, Abflussrohre, Vorgärten und Kinderzimmer samt Spielzeuglokomotive zu extrem spannenden und unterhaltsamen Örtlichkeiten. Die Miniatur-Actionszenen inklusive 3-D-Effekten sind Peyton Reed, der schon mit seinen eigenwilligen wie abgefahrenen Actionsequenzen in Filmen wie „The Worlds End“ oder „Hot Fuzz“ aufhorchen ließ, äußerst gelungen und machen im Kinosessel richtig Spaß.

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Scott Lang (Paul Rudd) ist ANT-MAN (c) 2014 Walt Disney Studios

Doch so vergleichsweise innovativ und erfrischend die Herangehensweise bei der Machart von „Ant-Man“ ist, so alt bekannt ist dagegen die Story. Die lautet nämlich in vereinfachter Kurzform: Ein Superheld muss die Welt retten.
In einer etwas längeren Version liest sich der Inhalt wie folgt:
Hank Pym (Michael Douglas), der mit den sogenannten „Pym-Partikeln“ einen Weg gefunden hat, die Dichte von Atomen zu manipulieren, damit seine Körpergröße bei Vervielfältigung der Körperkraft zu reduzieren, hält seine Erfindung ob böser Erfahrungen und der damit verbundenen Angst, dass sie als Waffe missbraucht wird, vor der Öffentlichkeit versteckt. Viele Jahre später scheint es jedoch, dass sein ehemaliger Schützling Darren Cross (Corey Stoll) diesem Geheimnis auf die Spur gekommen ist und mit dem sogenannten „Yellowjacket“-Anzug den Mini-Soldaten der Zukunft produzieren will. Dies ist natürlich eine ernst zu nehmende Bedrohung, zumal hier die Schurkenvereinigung Hydra dankbarer Abnehmer sein könnte. Kein Wunder, dass Hank Pym, der in den originalen Comics übrigens tatsächlich als „Ant-Man“ in Erscheinung tritt, dies mittels Diebstahls des „Yellowjacket“ auf jeden Fall verhindern will. Aber weil der Wissenschaftler selbst altersbedingt nicht mehr in den Superhelden-Anzug schlüpfen kann, muss ein würdiger Nachfolger her. Bei der Suche wird Pym in dem reumütigen Meisterdieb Scott Lang (Paul Rudd) fündig, der gerade erst aus dem Knast gekommen ist und versucht, vermehrt Kontakt zu seiner kleinen Tochter zu bekommen.

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Wenn Scott Lang (Paul Rudd) in den Ant-Man-Anzug schlüpft und auf die Größe einer Ameise zusammenschrumpft, werden Kinderzimmer mitsamt Spielzeuglokomotive zu extrem spannenden und unterhaltsamen Örtlichkeiten. (c) 2014 Walt Disney Studios

Dass die eher vorhersehbare Geschichte während der 117 Minuten Spielzeit nicht störend ins Gewicht fällt, liegt nicht nur an den tollen Bildern und den neuen Blickwinkeln im Miniatur-Format, sondern auch an den beiden Hauptdarstellern – eben Rudd und Douglas -, die den Film problemlos zu tragen wissen.
Zwar kommt Paul Rudd nicht ganz an das Charisma eines Robert Downey Jr. (Iron Man) oder die Coolness eines Chris Pratt (Starlord in „Guardians of the Galaxy“) heran, doch füllt er die Rolle des titelgebenden Superhelden mit seiner bodenständig-charmanten Vorstellung perfekt aus und taugt durchaus als Sympathieträger. Die Charakterzeichnung seiner Figur Scott Lang/Ant-Man – ein warmherziger, etwas naiver, alles andere als fehlerfreier, aber dabei liebender Vater mit Sinn für Humor – hat in dieser Kombination noch niemand in der bislang eingeführten umfangreichen Marvel-Superheldentruppe. Nicht ganz unwichtig, wenn man bedenkt, dass Ant-Man schon im kommenden „Captain America – Civil War“ zu den Avengers stoßen wird.

Derweil merkt man Michael Douglas an, dass er bei seinem ersten Auftritt in einer Comic-Verfilmung richtig Spaß am Spiel hat. Dem zweifachen Oscar-Preisträger nimmt man seine Rolle als liebenswerter alternder Dr. Hank Pym, der nebenbei versucht, die Beziehung zu seiner Tochter Hope wieder ins Lot zu bringen, ebenfalls ab.
Hope, alias Evangeline Lilly, bringt den Film dagegen zwar wiederum nicht entscheidend voran, zeichnet aber gemeinsam mit Douglas und Rudd für die durchaus vorhandenen Momente feinen Humors in „Ant-Man“ verantwortlich.
Kleiner Minuspunkt: Alle weiteren Nebendarsteller bleiben derweil völlig austauschbar und dürften nach dem Abspann schnell wieder vergessen sein. Leider gehört mit Darren Cross/Yellowjacket auch der Bösewicht dazu, der überdies noch ohne wirklich erkennbaren Grund seinen Verstand verliert.

Fazit: Der vergleichsweise kleine „Ant-Man“ bietet richtig gute Unterhaltung und ist sicher nicht der größte, aber der bislang  am pfiffigsten in Szene gesetzte Film im Marvel-Universum. Zudem dürften einige Querverweise auf die zurückliegenden und auch auf die noch bevorstehenden Filme mit Avengers-Beteiligung die Herzen der Marvel-Fanbase höher schlagen lassen.
In dieser Sache noch zwei Hinweise – ohne dabei zu viel verraten zu wollen: Mit einem Mitglied der Superheldentruppe bekommt es der kleine Ameisenmann  schon in dem hier rezensierten Soloabenteuer zu tun.
Und: Im Gegensatz zu „Avengers 2 – Age of Ultron“ lohnt es sich bei „Ant-Man“ wieder, bis zum Ende des Abspanns sitzen zu bleiben…

Niklas Frielingsdorf

Fotos (c) 2014 Walt Disney Studios

Niklas Frielingsdorf
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