Gender-Mainstreaming – ein Begriff, der heutzutage kein Fremdwort mehr ist, sondern in vielfältigen Zusammenhängen auftaucht. Politisch wurde bereits 1999 der Leitgedanke in das Regierungsprogramm in Deutschland aufgenommen und als verbindliche Richtlinie für alle Mitgliedsstaaten zum Ziel der EU-Politik erhoben.
Zwischen Theorie und Praxis klafft jedoch meistens eine große Lücke. Das ist auch und besonders beim Thema Frauengleichstellung so. Zwar wird überall gegendert, aber in den oberen Wirtschaftsetagen oder im Kulturbereich, sind diese immer noch weitgehend fraufrei. Der Lohngap ist auch noch nicht beseitigt und die Vereinbarung zwischen Familie und Beruf stellt für Frauen oft noch ein Problem dar. Hinzu kommt schwerwiegende häusliche und sexistische Gewalt gegen Frauen.
Das neue Duden-Debattenbuch gilt dem Thema Gleichberechtigung in der Sprache. Müssen wir wirklich gendern? Jüngst erst hatte eine Frau geklagt, dass in Bankformularen Frauen nicht direkt angesprochen werden. Sie fühlte sich diskriminiert. Der BGH urteilte, dass die Formularsprache männlich bleiben darf.
Auch im Gesetz zur Gleichstellung von Frauen und Männern für das Land Nordrhein-Westfalen vom 9. November 1999 steht bereits unter „Sprache“: „Gesetze und andere Rechtsvorschriften sollen sprachlich der Gleichstellung von Frauen und Männern Rechnung tragen. Im dienstlichen Schriftverkehr ist auf die sprachliche Gleichbehandlung von Frauen und Männern zu achten.“
„In Vordrucken sind geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen zu verwenden. Sofern diese nicht gefunden werden können, sind die weibliche und die männliche Sprachform zu verwenden.“ Quelle: Handbuch Frauen- und Geschlechterforschung, S. 749
Wann ist eine Sprache frauengerecht?
Sie ist es dann, wenn sie Frauen und Männer gleichwertig und gleichberechtigt benennt. Wir haben ein Recht darauf, in der Sprache vorzukommen, genannt zu werden. Darf sich Sprache und ihre Sicht auf sie wirklich nicht verändern?
Sprache ist veränderbar, ob wir wollen oder nicht. Sie verändert sich, weil sich kulturelle, soziale und gesellschaftliche Verhältnisse ändern. Sie ist nicht denkmalgeschützt, sondern eine lebendige Kommunikationsform. Eigentlich müsste es die einfachste Sache der Welt sein: Wenn Frauen mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland ausmachen, müssen sie selbstverständlich auch direkt benannt werden. Ich glaube sogar, dass dies eines der wichtigsten (Lern)Schritte zur vollständigen Gleichberechtigung ist, da es zumindest in der Sprache dann keine Unterschiede mehr gäbe.
In dem vorliegenden Buch „Gendern?! stellen zwei Frauen, Anna Wizorek und Hannah Lühmann, ihre Sicht zu diesem überaus wichtigen Thema dar. Übrigens steht auf der Duden-Website dazu „Zwei Fachleute legen ihre Standpunkte dar“!
Anne Wizorek – Hannah Lühmann
Gendern?!
ISBN: 978-3-411-75619-3
Seiten: 64
Verlag: Duden
Erscheinungsjahr: 2018