Vor die Wahl gestellt, eine Prämie von 1000 Euro zu bekommen oder die weitere Beschäftigung ihrer Kollegin Sandra zu ermöglichen, entscheidet sich die Mehrheit der Kollegen für das Geld. Eine Entscheidung, die für Sandra schwer wiegt. Sie fühlt sich eigentlich wieder arbeitsfähig, doch nun schluckt sie erneut ihre Medikamente gegen Depressionen. Sie will kein Risiko eingehen und funktionieren. Es reicht, dass ihr Chef annimmt, sie wäre nach ihrer Krankheit nicht mehr so leistungsfähig. Ein zynischer Mensch, der zwar im Hintergrund agiert und für den Zuschauer in seltenen Szenen sichtbar wird, dessen kalt- kalkulierende Alternative aber, Prämie oder die Weiterbeschäftigung Sandras, für erhebliche Aufregung gesorgt hat.
Ohne Arbeit – wie soll es da für Sandra und ihre Familie weitergehen? Sie braucht ihren Lohn, um das Haus weiter abbezahlen zu können. Also wird sie zur Bittstellerin und hat ZWEI TAGE und EINE NACHT Zeit, um ihre Kollegen zu überzeugen. Ohne große Emotionen zu zeigen, fragt sie einfach, aber unmissverständlich, ob die Kollegen bei einer erneuten Abstimmung für sie stimmen werden. Sie ist Realistin und es wird deutlich, wenn Sandra ihren Mann Manu und ihre zwei Kinder nicht hätte, sie würde diese Tour nicht unternehmen.
Der Film ist wirklichkeitsnah und bleibt immer dicht an der Hauptfigur Sandra, ihre Busfahrt zu den Kollegen lässt uns mit durch eine kleine Stadt fahren, Neubausiedlungen erreichen oder vor Häuserfassaden stehen.
Die Gespräche sind kurz, manche Kollegen lassen sich verleumden, aber es besteht kein Zweifel, die Arbeitskollegen/innen haben nicht wirklich eine Alternative. Das Geld ist für sie alle etwas, was sie zusätzlich gebrauchen können. Nur einige sind auf ihrer Seite.
Die realistische und dokumentarische Epik, die schauspielerische Glanzleistung von Marion Cotillard und die Kameraführung erwecken unbedingte Aufmerksamkeit und erzeugen eine subtile Spannung. Durch die klare, schnörkellose Filmsprache – selbst der dramatischen Filmszenen – besitzt der Film eine unglaubliche Einprägsamkeit.
Ein überaus sehenswerter und sensibler Film über Solidarität und Gradlinigkeit in einer Zeit, die zumindest in Teilen Europas von wirtschaftlichen Problemen gekennzeichnet ist.
ZWEI TAGE, EINE NACHT ist ein Film von Jean-Pierre und Luc Dardenne (DER JUNGE AUF DEM FAHRRAD, L‘ENFANT) mit der Oscar-Gewinnerin Marion Cotillard (DER GESCHMACK VON ROST UND KNOCHEN, LA VIE EN ROSE) in der Hauptrolle. Der Film wurde während der internationalen Filmfestspiele von Cannes im Wettbewerb gezeigt. Die Dardenne Brüder haben das Drehbuch geschrieben, Regie geführt und den Film produziert.
Ab 30. Oktober im Kino
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Alle Fotos: ©christine-plenus_AlamodeFilmWildBunchGermany