Wie wir sterben lernen von Christian Schüle

Der Traum vom ewigen Leben ist so alt wie die Menschheit. Doch für uns Menschen ist nichts so sicher wie der Tod. Nur wann uns der Tod trifft, das ist für die meisten von uns nicht vorhersehbar. Doch wer will sich schon täglich mit Sterben und Tod auseinandersetzen? In einer Gesellschaft, die doch genau entgegensetzte Werte hochhält wie Jugend, Schönheit und Konsum. Unsere Gesellschaft heute ist bestimmt durch ein hohes Maß an Individualität des Menschen. An Stelle des Gruppen-Ichs steht heute der Einzelne, von der digitalen Autonomie bis hin zur personalisierten Medizin zieht sich dieses Ich-Konzept durch alle Lebensbereiche.

Ist sich der Mensch seiner Endlichkeit bewusst, folgt daraus auch eine individuelle Bestimmung des Zeitpunktes seines Todes. Leben ist per se mit Sterben gleich zu setzen – Heidegger nennt es „das Vorlaufen zum Tod“. Für viele Menschen eine unbewusste Triebfeder, um möglichst viele Leben in eines zu stecken. Ein lebenswertes Leben zu leben beinhaltet, es menschenwürdig zu leben. Wer also Menschenwürde als fundamental für das eigene Leben erachtet, muß folglich auch für dessen Ende etwas bereithalten, das Würde besitzt. Der Autor nennt es „Sterbenswürde“. Selbstbestimmung, Autonomie und Freiheit als wichtige Faktoren für das menschenwürdige Leben müssen demnach auch für das Sterben gültige Bedeutung bekommen.

In seinem Essay beschreibt und analysiert Christian Schüle die gesellschaftliche und kulturelle Bedeutung des Lebens vor dem Hintergrund des Todesgedanken. Welche kulturellen und religiösen Wertungen können das Denken des Menschen beenflussen? Was kann dem Einzelnen die Bedeutung seines Lebens klarer werden lassen? Das Leben vom Ende her denken – dies ist der Beginn eines bewussten Lebens zu einem selbstbestimmten Ende in Sterbenswürde.

Dass dieser Essay in all seiner Gedankenfülle und Vielzahl philosophischer und historischer Verweise beeindruckt, liegt aber auch an den Introspektionen, die der Autor zwischen die Kapitel schiebt. Im Vorwort sagt er an einer Stelle, dass es keine Handlungsanweisungen gibt. Und sie sind auch nicht nötig, wenn man dieses Buch aufmerksam liest. Denn dann wird es zu einer wesentlichen Bereicherung des eigenen Lebens. – I. Mosblech-Kaltwasser

 

Wie wir sterben lernen

Autor: Christian Schüle

Hardcover

Verlag: Pattloch
01.10.2013, 224 S.
ISBN: 978-3-629-13042-6

auch als eBook

Christian Schüle

Christian-Schüle

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

© Droemer Knaur/Markus Röleke

Christian Schüle, Jahrgang 1970, hat in München und Wien Philosophie und Politische Wissenschaft studiert und ist freier Autor und Publizist. Seine Essays, Feuilletons und Reportagen wurden mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Hansel-Mieth-Preis für Reportage und dem Erich-Klabunde-Preis des Deutschen Journalisten Verbandes Hamburg. Darüber hinaus war er dreimal für den Egon-Erwin-Kisch- bzw. den Henri-Nannen-Preis nominiert. Christian Schüle hat bislang fünf Bücher veröffentlicht, u.a. „Vom Ich zum Wir. Was die nächste Gesellschaft zusammenhält“ und „Deutschlandvermessung. Abrechnungen eines Mittdreißigers“. 2012 ist bei Pattloch sein aktuelles Buch erschienen: „Das Ende der Welt. Von Ängsten und Hoffnungen in unsicheren Zeiten“.

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Ingrid
Kunst und Kultur, Musik und Bücher, ohne sie ist ein Leben denkbar, aber für mich sinnlos. Darum habe ich diesen Blog ins Leben gerufen. Es macht viel Spaß, ihn zu gestalten - ich hoffe, den Usern, ihn zu lesen. Nicht alles, was gedruckt wird, muss gelesen, nicht jedes Album gehört werden. Was die User hier finden, gefällt mir und den Gastautoren, die ab und zu Lust haben, etwas zu schreiben.
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