Wayne Marshall & WDR Funkhausorchester: Born to Play

Sechs Jahre lang begeisterte der Chef-Dirigent und virtuose Pianist des WDR Funkhausorchesters Wayne Marshall sein Publikum in NRW und ganz Deutschland mit seinen einzigartigen Interpretationen von Gershwin, Bernstein, Ellington und anderen US-Komponisten des 20. Jahrhunderts, deren Musik ihm besonders am Herzen liegt. 

Sein Hüftschwung und seine energiegeladene Art am Dirigentenpult wurden dabei zur Legende. Leider verlässt der Brite zum Sommer dieses Jahres den WDR, um sich seiner internationalen Karriere zu widmen. Für den Juni war eigentlich ein Abschiedskonzert im Funkhaus geplant, das jedoch wegen der Corona-Krise ausfallen musste. Deshalb verabschiedet sich der Brite von seinem Publikum jetzt mit dem am 19.6. erscheinenden Album BORN TO PLAY, auf dem er seine Lieblingswerke von Gershwin präsentiert.

Neben der „Rhapsody in Blue“, der „Second Rhapsody“ enthält die CD die drei Ouvertüren zu den Musicals „Girl Crazy“, „Of Thee I Sing“ und „Strike Up the Band“, die zum festen Konzertrepertoire Gershwins gehörten. Eine spannende Ergänzung stellen die beiden Stücke „Brazilian Fantasy“ und „The Elephant and the Clown“ des kubanischen Komponisten und Klarinettisten Paquito D’Rivera dar, die das Album abrunden.

Das Highlight von Marshalls Gershwin-Interpretationen ist die „Rhapsody in Blue“, mit der sich Gershwin als ernsthafter Komponist etablierte. Ab dem Klarinetten-Glissando zu Beginn umfasst der mitreißende rhapsodische Fluss jazzige Akkordwechsel, Streicher/Hörner und freche, gedämpfte Trompeten, die zur stimmigen Gesamttextur beitragen.

Marshalls Klavier ist dabei zuweilen lyrisch mit kräftigen Akkorden und einer zarten rechten Hand. Kleine Akzente wie das des Fagotts sind perfekt. Die Americana-Akkordfolgen von Gershwin werden erfrischend nuancenreich und gefühlvoll dargeboten. Während Marshall sein Solo intensiviert, wird die klassische Intonation deutlich. Das Orchester manövriert sich derweil souverän durch die Tonartmodulationen und Tempowechsel, die den Zuhörer einfach mitreißen. Die Rückkehr zum Anfangsmotiv schließt den Kreis der Darbietung.

Doch auch die Interpretation der übrigen Stücke gefallen. Ein zusätzliches Plus ist zudem der großartige Klang der Aufnahmen, die eine breite und tiefe Klanglandschaft mit prächtigen instrumentalen Farben und einer mitreißenden Dynamik entfalten.

Von frischen, innovativen Gershwin-Aufnahmen kann man nicht genug bekommen. Das Album BORN TO PLAY des WDR-Funkhausorchesters ist ein lebhafter Beweis dafür.

VÖ: 19.06.2020 Label: Avi-music

Standardbild
Hans Kaltwasser
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