VAN MORRISON: Duets

Als einer größten Grantler der Popmusik steht Van Morrison nicht eben in dem Verdacht, sich gekonnt in Szene zu setzen oder womöglich zu verbiegen. „Van the Man“ macht sein Ding, egal was die anderen sagen, wie es bei Udo Lindenberg heißt. Auch vermeidet zum Leidwesen seines Publikums der kauzige Ire es bei seinen Konzerten häufig, seine großen Hits abzuspulen, die ihn berühmt gemacht haben. So gesehen ist es vielleicht gar nicht einmal verwunderlich, dass auf Morrisons neuem, mit exzellenten Gastmusikern eingespielten Album „Duets“ bekannte Standards wie „Brown Eyes Girl“, „Bright Side of the Road“ und „Have I Told You Lately“ durch Abwesenheit glänzen. Andererseits gibt es bei einem umfassenden Back Catalogue von immerhin 360 originalen Songs wahrscheinlich immer wieder einmal verborgene Juwelen zu entdecken. Dies ist ganz sicherlich auch hier der Fall: „Duets“ ist ein gefühlvolles Meisterwerk, auf dem Morrison einige seiner weniger bekannten Stücke neuinterpretiert, von denen einige, wie die Gospel-Nummer „If I Ever Needed Someone“, bis ins Jahr 1970 zurückreichen. Die zwei bekanntesten Titel der insgesamt 16 Songs dürften wohl „Irish Heartbeat“ aus dem Jahre 1983 sein, der hier mit Mark Knopfler frischen Glanz bekommt, und der Hit „Real Real Gone“ aus dem Jahre 1990, bei dem der kanadische Sänger Michael Bublé einen exzellenten Gastauftritt hat.

Ein wenig irreführend ist der Untertitel „Reworking the Catalogue“. Neubearbeitung bedeutet hier nicht völlige stilistische Neuerfindung, was womöglich die Zusammenarbeit mit einem angesagten DJ wie Avicii oder die Verpflichtung von Nicki Minaj als Gastrapper bedeutet hätte. Vielmehr bleibt der irische Barde der Instrumentierung und den stilistischen Grenzen der Genres treu, in denen er seit jeher verwurzelt ist: gefühlvoller, unter die Haut gehender R&B gepaart mit den gelegentlichen Ausflügen in den Jazz sowie Old Time Music und Folk.

Für sein Album hat sich Van Morrison großartige Stimmen ins Studio geholt, doch einige Duette sind nicht ganz so gut gelungen. Klar, einen starken Auftritt haben erfahrene Jazz-Sängerinnen wie Clare Teal und Natalie Cole. Aber ein relativer Newcomer wie der an sich stimmgewaltige Gregory Porter (man vergleiche seine Performance auf Nils Wülkers neuem Album „UP“) bleibt bei der jazzigen Neuinterpretation des Stücks „The Eternal Kansas City“ doch etwas blass und wird von Morrison glatt an die Wand gesungen. Und auch Joss Stone, Morrisons jüngste Gesangspartnerin, wirkt auf „Wild Honey“ fast schon ein wenig eingeschüchtert.

Ein Gesangsstar, der jedoch brilliert, ist Michael Bublé. Der Kanadier hatte bereits vor sechs Jahren „Crazy Love“ gecovert. Auf „Real Real Gone“ ist Bublé jedoch eine wahre Offenbarung und verwandelt in einem grandiosen Duett mit Morrison den treibenden R&B-Abtanzer zu heftig vibrierenden Northern Soul. Auch Mick Hucknall überzeugt auf „Streets of Arklow“, einem der eher mystischen Stücke von Morrison, das er eindringlich und mit großer Souveränität interpretiert. Leider gibt es kein einziges Stück von den ersten beiden klassischen Solo-Alben Morrisons, weder von dem jazzigen „Astral Weeks“ noch der wunscherschönen Melange aus R&B und Countryrock „Moondance“.

Van Morrison, der im August dieses Jahres 70 wird, fühlt sich hörbar gut gemeinsam im Studio mit seinen Altersgenossen Georgie Fame, Steve Winwood, Chris Farlowe und anderen. Spannend wäre es indessen auch gewesen, den „Belfast Cowboy“ einmal an der Seite der jüngsten Welle britischer Gesangstalente zu hören. Aber vielleicht entschließt sich „Van the Man“, seinen gelungenen „Duets“ eine zweite Ausgabe folgen zu lassen, in welchem Fall er sich dann möglicherweise mit MusikerInnen wie Sam Smith, Adele, Paolo Nutini und Paloma Faith zusammentut. Doch das muss hier nicht weiter vertieft werden. Im Augenblick braucht es, wie Morrison am Ende des mit Taj Mahal improvisierten Blues-Stück „How Can A Poor Boy“ ruft, keiner weiteren Aufnahme: „You don’t need a second take!“ Wohl wahr.

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Artist: Van Morrison
Release: “Duets: Re-Working The The Catalogue”
VÖ: 20.03.2015
Label: RCA Records / Sony Music
Formate: 1xCD / 2xVinyl / digital

[su_youtube url=“https://youtu.be/_oPb2Ma9z2M“]

Foto: Sony Music

Standardbild
Hans Kaltwasser
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