Während seiner fast zwei Jahrzehnte umspannenden Karriere als Produzent und Komponist reiste Thomas Bartlett quer durch die Welt, trat u.a. mit The Gloaming, The National, David Byrne und Anohni auf und hat Alben für St. Vincent, Sufjan Stevens, Rhye und Yoko Ono produziert. Im Lockdown, den er in New York erlebte, war sein Studio aber menschenleer. Bartlett fand Zuflucht in einer musikalischen Form, die ihm seit seiner Kindheit viel bedeutet hat: die Nocturne. Traditionell von der Nacht inspiriert, verheißt die Nocturne einen Zugang zu allem, was mehr mit dem Herzen als mit dem Kopf verstanden wird; eine Ausdrucksmöglichkeit für alles, was nicht in Worte gefasst werden kann. Bereits als Kind offenbarte sich ihm die mitreißende Romantik, die in Frédéric Chopins Nocturnes steckt und die ganze Welten ins Leben zu rufen scheint.
Dennoch hatte er stets große Bedenken, selbst in diesem Stil zu komponieren. „In diesem total merkwürdigen Moment im Lockdown gab ich mir selbst die Erlaubnis, etwas zu tun, was ich normalerweise nicht tue“, sagt Bartlett, „und zwar in Bezug darauf, dass diese Stücke für mich geradezu schamlos in ihrer Sentimentalität sind.“
Er hat es getan, das Album in seinem Haus an nur zwei Tagen aufgenommen. Und jedem Track einen Rosennamen gegeben. Schon als Kind liebte er Rosen, versuchte sich gar zeitweise als Rosenzüchter. Gleich der Opener „Lucida“ kommt klassisch und sehr kontemplativ daher. „Xanthina“ – erinnert an Satie mit einer leichten und lässigen Jazzvariante, die langsam ausgeblendet wird.
Das Klavierstück „Multiflora“ hat ein schnelleres Tempo – wie Wasser, das an bestimmten Stellen rascher dahinfließt . Schließt man die Augen und hört „Phoenecia“ erinnert das Stück ein wenig an Keith Jarrett. Es ist das längste Klavierstück und versetzt atmosphärisch in eine kleine Bar – es ist Barmusik der feinen Art . „Arvensis“ hört sich seltsam vertraut an, wie das Auftauchen einer Erinnerung, die man glaubt vergessen zu haben.
Wunderschöne Melodiebögen durchziehen das gesamte Album „Shelter“- jedem Ton widmet sich der Thomas Bartlett einfühlsam, dadurch erhält das Klangbild der Kompositionen eine zarte Tongebung. Ein exquisites, romantisches Album zum Entspannen und glücklich fühlen.
Thomas Bartlett “ SHELTER“
Modern Recordings/BMG
VÖ: 24. Juli 2020
Tracklisting:
01 Lucida
02 Rubrifolia
03 Xanthina
04 Multiflora
05 Moschato
06 Phoenicia
07 Arvensis
08 Rugosa
Titelfoto: York Tillyer