The Founder – Filmtipp

Zugegeben: Als Filmtitel für ein Biopic über Ray Kroc, jenen Mann, der McDonald‘s von einem kleinen Schnellimbiss zu einem weltweiten Firmenimperium und Symbol für die Globalisierung machte, noch ehe dieser Begriff überhaupt existierte, ist THE FOUNDER mindestens irreführend. Denn Ray Kroc war gewiss nicht der Gründer des Konzernriesens. Doch irgendwie passt der Titel zu seinem brutalen Erfolgsrezept, einer speziellen Version des amerikanischen Traums, die da lautet: „Wenn du etwas haben willst, geh hin und schnapp es dir, auch wenn es dir nicht gehört.“

Mit THE FOUNDER ist dem US-Filmregisseur John Lee Hancock („The Blind Side – Die große Chance“ und „Saving Mr. Banks“) eine überraschend subtile und bissige Film-Biografie gelungen, die die Entwicklung von „McDonalds“ von den bescheidenen Anfängen des Unternehmens in den frühen 50iger Jahren bis zu seinem späteren explosiven Wachstum verfolgt.

The Founder
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Ray Kroc (Michael Keaton) wird durch eine große Multimixer-Bestellung überrascht
©splendid-film

Michael Keaton (Birdman, Beetlejuice) spielt den eloquenten, lackierten Handelsvertreter Ray Kroc, einen Mann um die Fünfzig, der im Mittleren Westen der USA unterwegs ist und den Restaurantbesitzern seinen Milchshake-Multimixer wie Sauerbier anbietet. Als Kroc eher zufällig auf ein bescheidenes, aber hocheffizient geführtes Burger-Restaurant im kalifornischen San Bernadino aufmerksam wird, stößt er gleichsam auf den „Big Mac“ aller unternehmerischen Konzepte. Oder besser gesagt, er klaut ihn. Die bittere Ironie von THE FOUNDER ist, dass die beiden bodenständen, festen moralischen Prinzipien verpflichteten Brüder Mac und Dick McDonald (John Carol Lynch; Nick Offerman) zwar die eigentlichen Gründer des Unternehmens sind, von der Geschichte jedoch längst vergessen sind. Mitgerissen von der Energie und Visionskraft Krocs, lassen sie sich auf eine Partnerschaft mit dem quirligen, eloquenten Handelsvertreters ein, um aus der Marke McDonald eine nationalen Franchise-Kette zu machen. Eine Entscheidung, die ihnen später und der Taille der gesamten westlichen Welt für immer weh getan hat.

The Founder
Die Brüder Dick (Nick Offerman) und Mac McDonald (John Carroll Lynch).
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Was THE FOUNDER zu einer überdurchschnittlichen Film-Biografie  über bekannte Industrie-Mogule macht, ist die Art und Weise, wie der Film Michael Keatons Ray Kroc verortet, ihn als Helden und Bösewicht gleichermaßen sieht, ohne ihn zu bewerten. Der Film beginnt als die Geschichte des bemitleidenswerten Underdogs und ewigen Loser ohne Fortune, der aber hohe Ambitionen und große Träume hat. Als diese dann plötzlich Wirklichkeit zu werden beginnen, sehen wir, wer in ihrer Verfolgung auf der Strecke bleibt: Mac und Dick McDonald, denen das Unternehmen entrissen wird, und Krocs Frau, Ethel (Laura Dern), von der er sich, obwohl sie trotz der beruflichen Misserfolge zu ihm gehalten und ihn jahrelang emotional unterstützt hat, scheiden lässt, als er eine jüngere Frau kennenlernt.

Ray Kroc (Michael Keaton) und seine Frau Ethel (Laura Dern).
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Keaton ist in der Rolle des Ray Kroc großartig, spielt ihn mal als armselige, bedauernswerte Kreatur, dann als mächtigen, eiskalten Magnaten. Mit seinem clownesken Grinsen erinnert er gelegentlich an einen kleinen Jungen, der es geschafft hat, Bonbons zu mopsen, ohne erwischt zu werden. In tristen, billigen Hotelzimmern, in denen Kroc auf seinen Geschäftsreisen absteigt, beten ihm seine Motivations-Schallplatten allabendlich die ewigen Mantras des geschäftlichen Erfolgs  vor, den er schließlich realisiert, als er mit der Burger Imbissbude der McDonalds-Brüder seine große Chance wittert.  Eine zwiespältige, ambivalente Figur, die anfangs Mitleid erweckt, bei der man jedoch später, als er die Brüder eiskalt ausbootet, merkt, dass man dem Falschen den Daumen gedrückt hat.

Ray Kroc (Michael Keaton) posiert neben dem Entwurf der „Goldenen Bögen“.
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Geschickt spielt Hancocks Regie hier mit den Sympathien des Zuschauers, dem es ähnlich ergeht wie Mac und Dick McDonald: Die lassen sich von dem professionellen Charme Krocs einwickeln, vertrauen ihm die Details ihres Geschäftsmodells an, bevor sie merken, dass sie den Fuchs in den Hühnerstall gelassen haben.

Fazit: Hancocks THE FOUNDER ist kein unbeschwerter naiver Propagandastreifen über McDonald‘s, sondern spiegelt die uralte Geschichte des Kapitalismus: Der Erfolg des einen, ist die Ausnutzung des anderen. Darüber hinaus ist er das nachdenklich stimmende Porträt eines ehrgeizigen Egomanen und Narzissten, dessen korrupten Machenschaften unsere Essenskultur und die Unternehmensführung der Großkonzerne nachhaltig verändert hat. Es heißt, alle essen bei McDonald‘s, doch weiß, was in den Macs steckt. Seit THE FOUNDER, der die Rezeptur der Macs und die Ursprünge des Unternehmens zeigt, gilt dies wohl nicht mehr.

THE FOUNDER – ab 20. April in den Kinos

Fotos: ©splendid-film

Standardbild
Hans Kaltwasser
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