The Beatles: Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band

„Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“, das achte Studioalbum der Beatles, spaltete die Fans bei seiner Veröffentlichung im Juni 1967. Vielen galt es als Jahrhundertwerk der Popmusik schlechthin, das Hörgewohnheiten, Studiotechnik und die Kunst des Cover-Designs für immer verändern würde. Andere hielten „Sgt. Pepper“ dagegen für den übertriebenen Versuch, künstlerische Anerkennung für eine Musik zu bekommen, die die frische Unbekümmertheit und Spontaneität der frühen Hits der Band ohne Not preisgab.

Braucht die Welt eine Neuauflage von „Sgt. Pepper“?

Diese Debatte ist in den fünf Jahrzehnten danach nie ganz verstummt. Mit der Veröffentlichung der „50th Anniversary Edition“ am 26. Mai 2017 wird sie möglicherweise erneut an Schärfe gewinnen. Verantwortlich für den mit Spannung erwarteten Remix sind Giles Martin, der Sohn des legendären Produzenten der Band, Sir George Martin, der bereits im vergangenen Jahr viel Lob für die Wiederveröffentlichung „The Beatles: Live at the Hollywood Bowl“ einstrich. Natürlich werfen Jubiläumsausgaben klassischer Alben bekannter Bands immer die Frage auf, ob die Welt sie wirklich braucht. Denn nicht selten steckt hinter den Neuauflagen lediglich das Kalkül der Plattenfirmen oder Rechteinhaber, dass der Name der Band die Kassen erneut klingeln lassen werde.
Doch bei der „50th Anniversary Edition“ liegen die Dinge anders, da es hier um die Chance ging, offensichtliche Mängel der damaligen Stereo-Fassung zu berichtigen, an der die vier Beatles damals allerdings kaum Anteil hatten. Die neue Technik und ihre Potenziale interessierten die Band nicht.

„Sgt. Pepper“ in Mono galt als das wahre Album

Ende 1966, als die Beatles ihre Arbeit an „Sgt. Pepper“ begannen, war Mono in den europäischen Tonstudios noch der vorherrschende Aufnahmestandard. Die Stereophonie steckte noch in den Kinderschuhen und war eher ein Steckenpferd technikaffiner Toningenieure. Neben den Mono-Pressungen produzierte man allerdings LPs in Stereo für den ausländischen Markt, vor allem für die USA, wo der Stereo-Mix von „Sgt. Pepper“ bekannter als seine ursprüngliche Mono-Fassung war. Wohl hierauf bezieht sich John Lennons bekanntes Zitat, wonach man das Album nicht wirklich kennt, wenn man es nicht in Mono gehört hat. Auch wandte man für die Herstellung des neuen Formats nicht viel Mühe und Zeit auf. Während George Martin und die Beatles gut drei Wochen für die Mono-Fassung brauchten, war der Stereo-Mix, den die Tontechniker herstellten, bereits nach zwei Tagen fertig.
Viele empfanden den Sound der Mono-Ausgabe zudem runder, druckvoller und authentischer als die frühen Stereo-Aufnahmen, bei der Stimmen und Instrumente auf die beiden Kanäle getrennt gelegt waren und sich in der Mitte zwischen den Boxen klanglich nichts oder nicht viel abspielte.

Bislang aufwändigste Wiederveröffentlichung

Die 50th Anniversary Edition von „Sgt. Pepper“ ist die aufwändigste Wiederveröffentlichung eines einzelnen Beatles-Albums, die es jemals gegeben hat. Die Edition wird in verschiedenen Formaten angeboten: auf CD, als Download und Vinyl, wobei es sich bei der letzteren Ausgabe um eine im Halfspeed-Verfahren gemasterte Pressung handelt. Dieser liegt eine weitere LP bei mit von Giles Martin handverlesenen alternativen Mixen aller 13 Stücke des Albums. Die Kronjuwelen der neuen Ausgabe sind indessen das sogenannte Six-Disc Deluxe Set, das neben dem neuen Stereomix zwei weitere CDs mit Dutzenden Outtakes, alternativen Versionen und die Mitschnitte der Diskussionen und Blödeleien der „Fab Four“ im Studio sowie eine Blu-ray und DVD mit der bislang kommerziell nicht erhältlichen Dokumentation „The Making of Sgt. Pepper“ aus dem Jahre 1992 enthält. Ein 145 Seiten umfassendes Booklet mit den handgeschriebenen Texten, Essays, zahlreichen Fotos und ausführlichen Informationen zu den Aufnahmen der einzelnen Songs runden die Deluxe-Ausgabe ab.

Deutlich verbesserte Klangqualität

Schon nach dem ersten Hören zeigte sich, dass Giles Martin und sein Expertenteam ganze Arbeit geleistet haben, auch wenn eine radikale Überarbeitung des Originals nicht dabei herausgekommen ist. Wem also das Album nie gefallen hat, dürfte auch jetzt nicht begeistert sein. Umgekehrt wird wohl niemand, der „Sgt. Pepper“ immer schon mochte, sich jetzt mit Grauen abwenden.
Richtig ist aber, dass der neue Remix mit deutlichen Verbesserungen in Bezug auf Räumlichkeit, Transparenz und Präsenz der Instrumente und Stimmen punktet, die plötzlich natürlicher, ohne jede Spur von Schärfe und wie von einem Schleier befreit klingen.

Das titelgebende Eröffnungsstück springt einen mit deutlich verbessertem mittigen Stereoeffekt aus den Boxen förmlich entgegen und macht deutlich, dass diese Wiederveröffentlichung für die heutigen Ohren bestimmt ist.
Beim Song „With a Little Help From My Friends“ erklingt Ringo Starrs Stimme exakt in der Mitte zwischen den Boxen. Und die Begleitstimmen der übrigen drei Beatles sind auf den linken und rechten Kanal so gelegt, dass der Beatles-Drummer von seinen Freunden klanglich umgeben ist, diese ihn sozusagen in die Mitte genommen haben.
Die sphärischen Keyboardklänge in der Einleitung von „Lucy In The Sky With Diamonds“ schweben synchron mit Lennons surrealem Gesang zwischen den Lautsprecherboxen hin und her. Starrs trockene, dumpfe Schläge auf den Drums, die den Refrain einleiten, haben jetzt einfach mehr Wumms und geben dem halluzinatorischen, chimärenhaften Bilderstrom des Songs mehr erzählerisches Gewicht als zuvor.
Schon beim flüchtigen Hören merkt man, dass der Titel „She’s Leaving Home“ schneller spielt, höher klingt und irgendwie emotional berührender ist als die bekannte Aufnahme aus dem Stereomix aus dem Jahre 1967.
Die Übergänge zwischen den Stücken „Good Morning, Good Morning“, Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band (reprise)“ und „A Day in the Life“ wurden ebenfalls überarbeitet, um die unterschiedlichen Klangwelten der Stereo- und Monomixe in Einklang zu bringen.
„A Day in the Life“ galt immer schon irgendwie als eine Phantasmagorie der Träume, des Todes, des Chaos und der Offenbarung und ragte aus dem Album heraus. Mit seinem dröhnenden, eine gefühlte Ewigkeit nachhallenden mächtigen Schlussakkord von drei synchron gespielten Konzertflügeln, sorgte es für einen Schreckmoment. Auf dem jetzt wiederveröffentlichten Album klingt all dies noch verstörender, intensiver, eindringlicher und aufregender als zuvor.

Audiophiles Kunststück

Giles Martin und seinem Team in den Abbey Road Studios ist hier ein echtes audiophiles Kunststück gelungen, wie man es so häufig bei den Reissues vergleichbarer Alben nicht findet. Das neue „Sgt. Pepper Album“ überrascht im Vergleich zur Stereo-Ausgabe aus dem Jahr 1967 mit deutlichen klanglichen Verbesserungen und erweist dabei der ursprünglichen Mono-Abmischung, die Beatles-Puristen seit jeher für die einzige Art hielten, „Sgt. Pepper“ zu hören, seine Reverenz. Wie heißt es treffend im Song „For the Benefit of Mr. Kite“ ?- „A Splendid Time is Guaranteed for All!“ – dem kann man nur zustimmen!

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Hans Kaltwasser
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