Solistenensemble Kaleidoskop und Black Cracker: A Ballet of Slug and Shell

Black Cracker alias Ellison Renee Glenn hat viele Talente und versteht es mit seinen Ideen auch scheinbar unüberwindbare Grenzen niederzureißen. Er ist MC-Rapper, Poet, Produzent, bildender Künstler, Performer und Verleger. Nun hat er gemeinsam mit dem nicht weniger spannenden und kreativen Solistenensemble Kaleidoskop das Projekt „A Ballet of Slug and Shell“ erarbeitet. Crackers Fähigkeit, multi-disziplinär zu arbeiten, Sound, Text, Video und Installation zu verbinden, kommen in diesem Werk zum Ausdruck.

A Ballet of Slug and Shell ist ein Auftragswerk zum 200-jährigen Jubiläum des Konzerthaus Berlin und hätte ursprünglich im April 2021 live gezeigt werden sollen. Die Bühnenversion wurde nun für eine besondere 360°-Video-Fassung bearbeitet und auf der Probenbühne aufgezeichnet.

Thematischer und musikalischer Ausgangspunkt dieser Musik-Performance in 7 Akten ist die Auseinandersetzung mit „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber. In A Ballet of Slug and Shell begeben sich Black Cracker und Kaleidoskop in einen Dialog über Gemeinschaft, Praxis, Privilegien, Geschmack, Gewalt und Unbehagen. Auf dieser Suche nach ästhetischen Perspektiven auf Hierarchie, struktureller Unterdrückung und Diskriminierung befragen sie sich damit gegenseitig zur eigenen künstlerischen Herkunft und zu eigenen Traditionen.


Die 360-Grad-Video-Fassung wird ab dem 15. Juli 2021 kostenlos auf kaleidoskopmusik.de online abrufbar sein.

Der Freischütz von Carl Maria von Weber gilt als die „deutsche Nationaloper“ und wurde 1821 im heutigen Konzerthaus Berlin uraufgeführt. Mit ihrem romantisierten Bild ländlicher Gemeinschaft bot sie eine Projektionsfläche für deutsche Identifikations-Sehnsüchte und wurde schnell als musikalisches „Nationalheiligtum“ stilisiert. Von der kritischen Reflektion und Dekonstruktion dieses Artefakts deutscher „Leitkultur“ spannen Kaleidoskop und Black Cracker den Bogen zu einer Auseinandersetzung mit den eigenen Privilegien, angelernten Traditionen und dem Elitismus der klassischen Musik.

In Anlehnung an den Freischütz eröffnet Black Cracker mit seinen Assoziationen neue Bedeutungsräume: Der entscheidende Probeschuss aus dem Freischütz und das Motiv der Jagd bzw. des Schießsports werden in Verbindung gesetzt mit „Shooting hoops“ aus dem Basketball. Black Cracker erspürt im Basketball in seinem Afro-amerikanischen Kontext musikalische Kräfte, die denen der klassischen Musik ähneln.

In dieser Suche verhandelt Cracker das Überleben mit den komplexen Folgen der Entrechtung. Die Aufforderung des DJs an sein Publikum, „Put Your Hands Up“ wird dabei mit „Hands Up, Don’t Shoot“, dem
Slogan der Black Lives Matter Bewegung, verflochten.

Der Schuss mit der Waffe und der Wurf auf den Basketballkorb wird gleichzeitig mit der gewalttätigen und voyeuristischen Natur einer Kamera gleichgesetzt. Auf teils subtile, teils bildgewaltige Art erweitert Black Cracker den thematischen Rahmen des Stückes um schwarze, US-amerikanische Themen und Perspektiven und bringt sie mit Wettkampf und Polizeigewalt zusammen.

In einem Bühnensetting aus modularen Holz-Strukturen, Basketbällen, Streich-Instrumenten, Flaggen, Projektionen, weißen Stoffen und Augmented Reality erschafft Black Cracker eine sich stetig verwandelnde Landschaft. Das Ensemble und drei Performer*innen stürzen sich mit Versatzstücken aus der Freischütz-Overtüre in die Tiefen des Kitsches, in ungeahnte Verzerrungen und ins Spiel mit der Anmut. Zu atmosphärischen, wabernden, elektronischen Klängen tauchen sie wieder auf und ergründen Konstellationen zwischen Konfrontation und Kooperation. Das Publikum kann dank der 360-Grad-Kamera-Perspektive selbst entscheiden, welchen Blickwinkel es einnehmen will.

Online ab dem 15. Juli 2021 auf kaleidoskopmusik.de

Mit Special Guests: Fritz Helder, Leonardo Liccini, Natasha Vergilio
Künstlerische Leitung: Black Cracker
Musikalische Leitung: Paul Valikoski
Dramaturgie und Produktionsleitung: Anna von Glasenapp
Musik Produktion: Black Cracker, Paul Valikoski, Solistenensemble Kaleidoskop
Bühne: Lau Bau, Kalma Lab
Kostüm: Marquet K. Lee
Sound Design: Olivia Oyama
Licht Design: Veslemoy Holseter
Video Design: Kalma Lab
Augmented Reality Design: Camille Lacadee
360° Video Produktion: Black Cracker, Camille Lacadee
Libretto Edit: Ricardo Domeneck, Black Cracker
Grafik Design: Yule Franke
Fotos: Dan Caetano
Instagram Design: Laura Clock
Produktion: Solistenensemble Kaleidoskop (Nina Braatz, Anna von
Glasenapp, Michael Hohendorf, Volker Hormann, Alexander Krupp, Boram Lie)
Dank an: Peaches Nisker, Kiani del Valle, Lori Baldwi


Foto: Daniele Caetano

Standardbild
Ingrid
Kunst und Kultur, Musik und Bücher, ohne sie ist ein Leben denkbar, aber für mich sinnlos. Darum habe ich diesen Blog ins Leben gerufen. Es macht viel Spaß, ihn zu gestalten - ich hoffe, den Usern, ihn zu lesen. Nicht alles, was gedruckt wird, muss gelesen, nicht jedes Album gehört werden. Was die User hier finden, gefällt mir und den Gastautoren, die ab und zu Lust haben, etwas zu schreiben.
Artikel: 3341

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.