Planet der Affen: Survival

Für einen flüchtigen Augenblick sieht man in Matt Reeves Film PLANET DER AFFEN: SURVIVAL den Graffiti-Spruch „Ape-ocalypse Now“. So ganz daneben ist das als Wortspiel maskierte Zitat, das auf den Antikriegsfilm-Klassiker „Apocalypse Now“ von Francis Coppola aus dem Jahre 1979 anspielt, nicht. Hier wie dort gibt es einen kahl geschorenen,  wahnsinnigen Kommandanten, dem der Zustand der menschlichen Gattung entsetzlich klar vor Augen steht und dessen Herrschaft mit brutaler Gewalt beendet werden soll. In Wirklichkeit steht die dritte Folge der Affen-Saga jedoch den Kriegsfilmen und Kriegsgefangenendramen wie „Gesprengte Ketten“ oder „Die Brücke am Kai“ sowie den zahlreichen Antiutopien der 60er und 70er Jahre viel näher als dem Coppola-Klassiker oder gar dem Original von „Der Planet der Affen“.

© 2017 Twentieth Century Fox
Woody Harrelson als Colonel in „Planet der Affen“

Im dritten Teil der Affen-Saga eskaliert die Situation, Affen und Menschen befinden sich im offenen Konflikt. Die Menschen sind tief zerstritten über die Frage, wie man den unheimlichen, sich rasch ausbreitenden Affen-Virus schnell unter Kontrolle bekommt, der sie der Sprache beraubt und sie somit auf den moralischen Status von Tieren reduziert. Manche sind der Meinung, dass alle Affen ausgerottet werden müssen, weil sie Träger dieses Virus sind, und auch die infizierten Menschen zu töten sind. Ihr Anführer ist der wahnsinnige „Colonel“, Kommandant einer paramilitärischen Einheit namens „Alpha-Omega“, in deren Reihen auch ehemalige Anhänger von Caesars Ex-Kampfgefährten Koba kämpfen.  Caesar hat sich mit seinem Primatenvolk tief in die Wälder zurückgezogen. Von hieraus will er es in ein paradiesisches Land jenseits der großen Wüsten führen, das angeblich reich an Nahrung und Wasser ist und wohin ihnen die Menschen nicht folgen können. Doch es kommt anders. Caesar schlägt am Anfang des Films einen Angriff der „Alpha-Omega“ zurück. Statt die gefangenen Soldaten zu töten, schickt er sie mit einem Friedensangebot an den Colonel zurück: Der Wald soll das ausschließliche Habitat der Affen sein, in dem die Menschen nichts zu suchen haben. Doch Caesar findet kein Gehör.

Caesar mit Sohn © 2017 Twentieth Century Fox

Stattdessen überfällt Alpha-Omega erneut die Affen-Kommune und tötet viele Affen, unter ihnen Caesars Sohn Blue Eyes. Während die überlebenden Affen ihr Heil in der Flucht suchen, beschließt Caesar, sich auf die Suche nach dem Colonel zu begeben und diesen zu vernichten. Einige wenige Gefährten folgen ihm auf dieser Reise, bei der sie unterwegs ein stummes junges Mädchen (Amiah Miller) und einen kleinen manischen und liebenswerten Zoo-Affen auflesen. Als die Gruppe das Basislager erreicht, wo sich der Colonel und seine Truppen verschanzt haben, finden sie eine Situation vor, die trostloser und komplizierter ist, als sie erwartet haben.

Amiah Miller © 2017 Twentieth Century Fox

Mehr soll vom Plot an dieser Stelle nicht verraten werden. Doch soviel steht fest: PLANET DER AFFEN: SURVIVAL ist ganz großes Kino, das seine Geschichte überzeugend und mit großer Intensität erzählt. Souverän und glaubhaft bewegen sich die Affen-Charaktere durch die digitale Bilderwelt. Auch scheut Reeves sich nicht, den Erzählschwerpunkt seines Films mitten in die Lebenswelt der Primaten-Kommune zu verlegen, ohne sich hierbei sonderlich um ein ausgewogenes Verhältnis der Spielanteile von Affen und Menschen zu scheren. Außerdem ist der Film spannend und ambitioniert, glänzt mit einigen tollen Action- und Kampfszenen und ist mit einer Prise Humor gewürzt.

© 2017 Twentieth Century Fox

Einen Gutteil seiner großen emotionalen Kraft verdankt der Film natürlich der Figur des Caesars, dem Anführer der Affen-Kommune, der der britische Schauspieler Andy Serkis dank Motion-Capture- und CGI-Techniken eine atemberaubende, vielschichtige Präsenz und Persönlichkeit verleiht. Klar, Caesars Gesicht ist ganz anders als das von Serkis. Und doch suggeriert diese perfekte Synthese aus digitaler Kreatur und menschlichem Spiel glaubhaft das Bild eines ergrauten, mit charismatischer Autorität ausgestatteten militärischen Führers,  den das Schicksal mit Gram erfüllt hat, dessen Fähigkeit und Wille zu führen jedoch ungebrochen sind. Besonders eindringlich fängt Reeves diese Aura in einer Szene mit Hilfe einer klassischen Kamerafahrt aus der Perspektive Caesars ein, als dieser durch das Lager des Colonels schreitet und die ihm unterstellten Soldaten sich instinktiv erheben und ehrfurchtsvoll zurückweichen.

Caesar (Andy Serkis)
© 2017 Twentieth Century Fox

Reeves Film ist seinem englischen Originaltitel „War for the Planet of the Apes“ nach ein Kriegsfilm, doch sein eigentliches Thema ist die Suche nach dem wahnsinnigen Colonel, auf die sich Caesar mit einigen wenigen Getreuen begibt, und die ihn an einen düsteren Ort führt, wo sich Alpha-Omega verschanzt hat und es zum Entscheidungskampf zwischen Affen und Menschen kommt. Dass diese Suche stärker eine introspektive Reise ist, als der Originaltitel und die Werbekampagne des Films vermuten lassen, mag eine Enttäuschung sein für alle, die erwarten, eine Armee erzürnter Affen zu sehen zu bekommen, die ihre menschlichen Unterdrücker abschlachtet. Nicht dass es diesem grandiosen Film an Spannung oder dem großartig gefilmten Armageddon im Finale an Feuer und Schwefel mangeln würde. Doch der im englischen Titel erwähnte Krieg ist in erster Linie einer der Seele. Selbst wenn Caesar Rache an seinen Widersachern vollzieht, sind die Bilder vergleichsweise maßvoll und zurückhaltend. So präsent Gewehre und Napalm sind, es geht nicht um einen Krieg der Kulturen, sondern um Moral, Identität und die Grenzen der Menschlichkeit, die im Krieg freilich immer schnell erreicht werden.

ab 3. August in den Kinos

Standardbild
Hans Kaltwasser
Artikel: 426

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