Miles Davis: Birth of the Cool – Filmtipp

Jazzfans werden den Jazztrompeter, innovativen Komponisten und Bandleader Miles Davis natürlich kennen, der den Stoff für Stanley Nelsons Dokumentarfilm „Miles Davis: Birth of the Cool“ bildet. Und auch für Filmfans ist der Jazzmusiker kein Unbekannter, denn der Soundtrack des Debütfilms von Louis Malle „FAHRSTUHL ZUM SCHAFOTT“ (1959) stammt von Miles Davis. Nicht die einzige Filmmusik und, wie der Dokumentarfilm zeigt, schuf er sie auf unkonventionelle Weise. Während er Szenen des Films ansah, spielte Davis die Stücke direkt ein.

Jazz ist heute ohne den Musiker Miles Davis nicht zu denken. Der fast zweistündige Dokumentarfilm, der jetzt in die deutschen Kinos kommt, ist weitgehend chronologisch angelegt und basiert auf Archivmaterial und der Autobiografie des Künstlers. Er spürt dem Menschen nach, der hinter dem musikalischen Phänomen steht. Regisseur und Produzent Stanley Nelson ist für seine zahlreichen Dokumentarfilme, darunter „FREEDOM RIDERS“ (2011) und „THE BLACK PANTHERS: VANGUARD OF THE REVOLUTION“ (2015) bekannt. Er hat sich damit auch als Chronist der afroamerikanischen einen Namen gemacht.

Auszüge aus Interviews mit berühmten Musikerkollegen wie Wayne Shorter, Ron Carter, Carlos Santana, Quincy Jones, Herbie Hancock und den Red Hot Chili Peppers sowie mit Experten wie Tammy L. Kernodle, Farah Jasmine Griffin, Stanley Crouch und Jack Chambers bilden den Schwerpunkt. Aber auch Freunde und Familienmitglieder von Miles Davis kommen zu Wort. Und so bekommen Zuschauer*innen eine Ahnung, wie Davis an seine Arbeit heranging, aber auch, wie er als Mensch war. Der 1959 mit der Polizei aneinandergeriet und zornig deren rassistische Einstellung beklagte. Es wird auch deutlich, dass Davis für seine schwarzen Landsleute ein großes Vorbild war, der Erfolg hatte und ein elegantes, selbstbewusstes Auftreten zeigte.

Miles Davis und Frances Taylor Foto: Copyright Piece Of Magic Entertainment

Auch Davis selbst kommt natürlich zu Wort. Der Schauspieler Carl Lumbly leiht ihm im Film seine Stimme. Es sind Auszüge aus der Autobiografie des Künstlers. Der Film wirft auch einen Blick auf seine Beziehungen und Einstellungen zu Frauen. Davis traf Juliette Greco, die ihr Englisch als sehr schlecht einstufte und sich doch gleich von ihm verstanden und geliebt fühlte. Er heiratete die Tänzerin Frances Taylor, die für ihn ihre Karriere aufgab. 1965 verließ sie Davis, wohl auch, weil er eifersüchtig und gewalttätig war.

Nelsons Dokumentarfilm kann die Entwicklung seines Miles Davis‘ Musikstils nicht komplett nachzeichnen, jenen innovativen, minimalistischen Sound, der den Widerspruch zwischen Einfachheit und Komplexität aufhebt; „a modern idea of Jazz„, der von der Nachkriegseuphorie inspiriert ist und Grenzen überschreitet. Miles Trompete ertönt nahezu ohne Vibration, cool und ästhetisch bewegt sie die Menschen dennoch und zieht sie bis heute in ihren Bann.

Der Film zeigt Reaktionen der Zuschauer*innen, die sichtlich erstaunt und berührt sind, während Miles Davis seine „gestopfte“ Trompete beim Spielen sehr nahe ans Mikrofon hält. Seine großen Erfolge wie das Album „Kind of Cool“ und andere werden beispielhaft präsentiert. Die enorme Energie und manische Besessenheit des Trompeters für seine Musik wird deutlich, die ihn bis hin zu seinem Tod im Jahre 1991 antrieb, aber auch seine große Offenheit für andere Musikstile.

Stanley Nelsons Dokumentarfilm bietet reichlich Anregung, nähert sich dem Menschen Miles Davis, der gerne boxte und malte, der aber an erster Stelle eben ein genialer Musiker war und nur für seine Musik lebte. Überdies ist Miles Davis: Birth of the Cool ein sehr unterhaltsames Zeitdokument. Unbedingt sehenswert!

https://youtu.be/34r017yYNa0

MILES DAVIS: BIRTH OF THE COOL ab 2.Januar 2020 in ausgewählten Kinos

Fotos: Copyright Piece Of Magic Entertainment

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Ingrid
Kunst und Kultur, Musik und Bücher, ohne sie ist ein Leben denkbar, aber für mich sinnlos. Darum habe ich diesen Blog ins Leben gerufen. Es macht viel Spaß, ihn zu gestalten - ich hoffe, den Usern, ihn zu lesen. Nicht alles, was gedruckt wird, muss gelesen, nicht jedes Album gehört werden. Was die User hier finden, gefällt mir und den Gastautoren, die ab und zu Lust haben, etwas zu schreiben.
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