Mike Love: Unleash the Love

An Mike Love, dem Frontmann und häufigen Lead-Sänger der Beach Boys, scheiden sich die Geister. Für manche ist er der `Tough Guy`, der dafür sorgte, dass die Band wie eine gut geölte Maschine funktionierte. Anderen, die die anspruchsvollen Alben der Kalifornier wie „Pet Sounds“ und „Smile“ schätzen, gilt er als tumber Ignorant, der, ohne jedes Verständnis für die kühnen künstlerischen Visionen seines Vetters Brian Wilson, die Beach Boys in eine Oldie-Band umformen wollte.

Erstes Album seit über 30 Jahren

Musikalisch gibt Love zudem Rätsel auf, weil er in seiner immerhin gut 60jährigen Karriere nicht mehr als ein Soloalbum zustande gebracht hat („Looking Back with Love“ von 1981). Doch jetzt legt der Musiker mit der Veröffentlichung seines zweiten Albums nach, das am 10. Dezember 2017 in die Läden kommt: UNLEASH THE LOVE, ein 2 CD Set, das neben Remakes altehrwürdiger Hits der Beach Boys eine Reihe von eigenen Songs enthält.

Eigenkompositionen ohne Charme

Die meisten Songs auf der ersten CD sind eher durchschnittliche Popnummern, hinter denen konzeptionell nicht viel steckt, und die auch in der Darstellung wenig zu überzeugen vermögen. „All the Love in Paris“ ist um ein fades Saxophon-Solo des Smooth-Jazzers Dave Koz herum aufgebaut; Loves Stücke über Öko-Engagement und Weltfrieden sind voller hohler Phrasen und versprühen den Charme einer Nachrichtensendung.

Remakes alter Beach Boys Hits

Die zweite CD enthält ausschließlich Neueinspielungen bekannter Hits der Beach Boys, zu denen Love seinerzeit überwiegend die Texte beigesteuert hatte. Während diese Songs eindeutig besser sind, klingen die Arrangements doch nach einer mehr oder minder begabten Tribute-Band, die um den Anschein der Authentizität des Sounds der großartigen Originale der Beach Boys wacker bemüht ist. Früher, wenn Love gut drauf war, klang seine Stimme herrlich nasal, doch auf diesen Aufnahmen ist sein Instrument brüchig, sein Stimmumfang hat sich deutlich verkleinert. Kein Wunder, Love ist inzwischen 76 Jahre. Da ist es verständlich, dass er den Lead-Gesang bei zwei Stücken anderen überlassen hat.

Warum tut Mike Love sich und uns dies an?

Man fragt sich indessen, welche Zielgruppe wohl mit der neuen Version von „Do it Again“ bedient werden soll, bei der der Name Brian Wilson gar nicht auftaucht, wohl aber der von Mark McGrath, des derzeitigen Moderators der US-Fernsehshow „Extra“, der es hierzulande durch sein Duett „Party for Two“ mit Shania Twain zu einer überschaubaren Bekanntheit gebracht hat.

Verwirrend ist auch die Neuauflage von „Brian’s Back“, Loves Tribut aus den 1970iger Jahren an Beach Boy Brian Wilson, mit dem er einer möglichen Zusammenarbeit seit fast einem halben Jahrhundert beharrlich aus dem Weg geht.

Fazit: Musikalisch ohne viel Glanz und als kulturelles Artefakt ein wenig rätselhaft, bestätigt das Album UNLEASH THE LOVE, dass, was immer man von Mike Loves zweifelhafter Neuausgabe der Beach Boys halten mag, die alten Hits liegen ihm halt doch viel besser als eigene Musik zu schreiben.

Mike Love
Unleash the Love

Formet: 2CD und 2LP-Edition
VÖ: 08.12.2017
Label: BMG Rights Management

Standardbild
Hans Kaltwasser
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