MIDWAY – FÜR DIE FREIHEIT – Filmkritik

Als bekannt wurde, dass Roland Emmerich sein lange auf Eis gelegtes Projekt, die Schlacht um die Midway-Inseln zu verfilmen, in die Tat umsetzte, sorgten sich schon manche, wie das Endprodukt aussehen würde. Schließlich eilt dem deutschen Regisseur der Ruf als Hollywoods „Master of Desaster“ voraus, dem wir so großartige Blockbuster wie „Independence Day“ (1996) und „Godzilla“ (1998) verdanken. 

Emmerichs Filme sind bekannt für ihre knalligen Spezialeffekte, und in dieser Hinsicht enttäuscht seine neue Regiearbeit MIDWAY – FÜR DIE FREIHEIT auch sicherlich nicht.  Bei seiner Neuverfilmung der entscheidenden Seeschlacht im Pazifikkrieg bedient sich der Regisseur und sein technisches Team routiniert modernster computergenerierter Sequenzen von Luft- und Seekämpfen, angefangen mit dem verheerenden japanischen Überraschungsangriff auf Pearl Harbor vom 7. Dezember 1941, über den Vergeltungsschlag der US-Luftwaffe am 18. April 1942 unter Führung von General  Jimmy Doolittle, mit dem Militär- und Industrieanlagen in Tokio bombardiert wurden, bis hin zur Schlacht bei den Midways im Juni desselben Jahres, mit der die USA trotz großer Überlegenheit der  Japaner das Blatt zu ihren Gunsten wendeten. 

Emmerich gelingen hier packende und mit großem Aufwand inszenierte Bilder. US-Sturzbomber donnern durch heftiges Flugabwehrfeuer auf die japanische Flotte herunter und riesige Flugzeugträger explodieren in gewaltigen flackernden Flammenwänden. Das ist spektakulär und realistisch gemacht und war zu erwarten.  

Woody Harrelson stellt erneut seine schauspielerische Bandbreite in der Rolle des Admiral Chester Nimitz unter Beweis.

Was dann aber doch überrascht, ist das ernsthafte Bemühen um historische Detailtreue und, wie gut der Film gespielt ist:  MIDWAY – FÜR DIE FREIHEIT ist weit davon entfernt, ein Feuerwerksspektakel zu sein, das den Krieg eher verharmlost. Das ist wohl vor allem der langen minutiösen Vorbereitung des Regisseurs zu verdanken, der umfassende Recherchen an den Kriegsschauplätzen und in Archiven anstellte, aber auch dem Drehbuch von Wes Tooke, das sich nüchtern an den Fakten orientiert und auf jedwede romantische Nebenhandlungen verzichtet, wie sie in vergleichbaren Filmen des Genres gang und gäbe sind.  

Im Gegensatz zu Jack Smights Film „Schlacht um Midway“ aus dem Jahre 1976, der auf die Zugkraft großer, aber schwerfällig agierender Stars wie Henry Fonda, Charlton Heston, Glenn Ford und Robert Mitchum setzte, entschied sich Emmerich dafür, die Rollen zumeist mit eher unbekannten Schauspielern wie Patrick Wilson, Aaron Eckhart und Nick Jonas und Ed Skrein zu besetzen.  

Sturzbomberpiloten kurz vor dem Einsatz

Mit Ausnahme von Skrein, der in der Rolle des draufgängerischen Sturzbomberpiloten Dick Best die größte Aufmerksamkeit hat, überzeugen auch alle anderen mit dezenter, durchweg solider Arbeit. Alle Akteure spielen tatsächliche Teilnehmer an der Pazifikschlacht. Möglicherweise hat dies die Filmemacher davon abgehalten, sich bei der Handlung allzu viele Freiheiten zu nehmen, was dem Film guttut.  

Patrick Wilson spielt Edwin Layton

Patrick Wilson spielt Edwin Layton, einen nachdenklichen Geheimdienstoffizier, dem es mit seinem Team gelingt, die verschlüsselten Funksprüche der Japaner zu dechiffrieren, die einen Angriff bei den Midway-Inseln erwarten lassen. Woody Harrelson stellt erneut seine schauspielerische Bandbreite in der Rolle des Admiral Chester Nimitz unter Beweis.  Anders als die hochrangige, eher skeptische US-Admiralität glaubt er der Analyse Laytons und setzt die angesichts der großen Überlegenheit der japanischen Streitkräfte tollkühn erscheinende Operation in Gang, die feindliche Flotte anzugreifen.

Was Emmerichs MIDWAY – FÜR DIE FREIHEIT wohltuend von anderen Filmen des Genres abhebt, ist schließlich, dass er auf die üblichen pathetischen Obertöne verzichtet und auch der Darstellung des japanischen Oberkommandos und ihren strategischen Überlegungen erhebliche Präsenz einräumt.  Etsushi Toyokawa brilliert in der Rolle des Admirals Isoroku Yamamoto, des größten Strategen der japanischen Streitkräfte, der zwar große Bedenken gegen einen Angriff auf die USA hatte, sich aber durchweg als loyaler Offizier in der Durchführung der militärischen Operation erweist.

Fazit: MIDWAY – FÜR DIE FREIHEIT ist ein aufwändig inszenierter und packender Kriegsfilm, der sich fernab von nationalem Pathos um eine historisch genaue Darstellung der wichtigsten Schlacht im Pazifikkrieg bemüht und dabei wirkliche, normale Menschen, die an diesem Krieg teilnahmen, porträtiert. Es geht nicht um Ruhm und Ehre, über das Sterben für Gott und das Vaterland. Vielmehr darum , das zu tun, von dem man glaubt, dass es richtig ist, ungeachtet der großen Wahrscheinlichkeit, es nicht zu überleben.

Alle Fotos: Universum Film

Standardbild
Hans Kaltwasser
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