Malavita – eine Mafia Komödie

[dropcaps]S[/dropcaps]ein Blick ist magisch und sein Charisma überaus wirksam – wo Fred Blake, wie der Ex -Mafioso Giovanni Manzoni sich jetzt nennt, hinkommt, da beeindruckt er die Menschen. So auch an seinem neuen Zufluchtsort, dem malerischen Cholong-sur-Avre in der Normandie. Zwar ist er hier seiner sämtlichen Möglichkeiten, mafiöse Macht auszuüben, beraubt, doch seine Wirkung auf die Menschen hat und verspürt er auch hier. Das Zeugenschutzprogramm verschlug Fred und seine Familie an diesen Ort. Sein neues Glück aber findet dieser gewaltätige Machtmensch in einer kleinen grün behausten Schreibmaschine. Nachdem er zaghaft die ersten Buchstaben getippt hat, ist die Idee geboren – Fred will schreiben. Und schnell kann er auch diese neue „Berufung“ öffentlich machen. Denn seinem Nachbar erklärt er auf die Frage, was ihn denn als Amerikaner in die Normandie geführt hat, er sei Schriftsteller.

[two_third last=“no“]Ein ganz normales Familienleben fern ab vom hektischen und ehemals kriminellen Treiben in Los Angeles und New York. Wenn da nur nicht die FBI-Agenten wären, die die Familie Blake, Vater Fred, Mutter Maggie, Tochter Belle und Sohn Warren ständig beobachten. Keinen Schritt kann insbesondere Fred tun, ohne dass dies registriert würde. Deshalb ist es für Fred eine wahre Erlösung, seine Erinnerungen zu schreiben und damit sein Leben als angesehener und mächtiger Mafia-Boss, vor seinem geistigen Auge wieder auferstehen zu lassen.[/two_third]

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[alert type=“info“ title=“Passend zum Thema:“]Lesen Sie hier das Interview mit dem Autoren Tonino Benacquista.[/alert]

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Die Liebe zum Schreiben hat jedoch keine kartharsische Wirkung.Gewaltätig ist Fred noch immer, und das erfährt zuerst der Klempner, den er mit einem Hammer arbeitsunfähig schlägt. Freds kriminellen Instinkte versagen eben auch hier auf dem Lande nicht. Maggie ist derweil sehr beschäftigt mit ihrer ehrenamtlichen Arbeit, in der sie gänzlich aufgeht. Zudem bereitet es ihr besonders viel Freude, die FBI- Agenten italienisch zu bekochen und von deren Überwachungsposten aus die Nachbarn zu beobachten. Die Tochter trägt ihren Namen Belle zu recht, sie ist schön und großzügig. Doch niemand darf sie zu etwas zwingen oder gar manipulieren – dann kann auch sie handgreiflich demonstrieren, dass sie die Tochter eines Mafioso ist. Warren hat seine Vorbilder aus der Zeit in Amerika so richtig verinnerlicht: Er beobachtet und lernt und schnell steigt er in der Schule zu einem gefürchteten Mini-Mafioso auf. Warren ist es schließlich auch, der in der Schülerzeitung seines Gymnasiums ungewollt Hinweise auf den streng geheimgehaltenen Aufenthaltsort gibt. Diese Zeitung findet ihren Weg schließlich über den Ozean bis in ein New Yorker Gefängnis, wo ein mächtiger Mafia-Boss einsitzt, den Fred mit seiner Aussage hinter Gitter gebracht hat – aber diese tolle Geschichte müssen Sie unbedingt selber lesen…

 

Benacquistas Geschichte steckt voll schwarzem Humor und vor allem die Figur des Ex-Mafia-Bosses ist gut gezeichnet. Allein das Konzept, einen Menschen mit kriminellem Hintergrund und gewalttätiger Energie in ein verschlafenes Nest zu verpflanzen, ist schon reichlich komisch. Das Leben der Einwohner dort steht im herben Kontrast zu dem ehemaligen Mafia-Milieu. Es ist zumindest nach außen gutbürgerlich, aber auch hier steckt der Alltag voller Intrigen – es ist vieles anders, als es scheint. Der Autor schafft eine perfekte Balance zwischen schwarzem Humor und der Beschreibung sozio-kultureller und psychologischer Zustände. Er hat den richtigen Dreh raus, um Spannung, Humor und Moral unter einen Hut zu bringen.

Ingrid Mosblech-Kaltwasser

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Malavita

Tonino Benacquista
Aus dem Französischen von Herbert Fell
carl’s books
303 Seiten
14,99 € [D] 15,50 € [A] 21,90 [CHF]
ET: 14. Oktober 2013

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Tonino Benacquista, geboren 1961 als Sohn italienischer Einwanderer, lebt in Paris. Nach einem begonnenen Filmstudium sammelte er mit Jobs als Schlafwagenschaffner und Pizzabäcker Anregungen für seine originellen Kriminalromane, die mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurden. Nach «Liegewagentango» und «Ithakerblues», schrieb er den Roman «Saga», der 1988 mit dem Grand Prix des lectrices de Elle ausgezeichnet wurde. Zusammen mit Jacques Audiard hat er die Drehbücher zu «Sur mes lèvres» (Lippenbekennnisse) und «De battre mon coeur s’est arrêté» geschrieben.

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Ingrid
Kunst und Kultur, Musik und Bücher, ohne sie ist ein Leben denkbar, aber für mich sinnlos. Darum habe ich diesen Blog ins Leben gerufen. Es macht viel Spaß, ihn zu gestalten - ich hoffe, den Usern, ihn zu lesen. Nicht alles, was gedruckt wird, muss gelesen, nicht jedes Album gehört werden. Was die User hier finden, gefällt mir und den Gastautoren, die ab und zu Lust haben, etwas zu schreiben.
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