Lou Andreas-Salomé

Freud, Nietzsche und Rilke – diese Namen sind bekannt. Doch wer ist Lou Andreas-Salomé? Mit all diesen vorgenannten Männern kam diese Frau zusammen und beeinflusste sie, mehr noch, sie wurde von ihnen angebetet: Nietzsche umwarb Lou und Freud war von ihrer Intelligenz beeindruckt. Wer Lou Andreas-Salomé näher kennenlernen möchte, hat jetzt im Kino Gelegenheit dazu. Die Regisseurin Cordula Kablitz-Post hat einen beeindruckenden Film über diese aussergewöhnliche Frau gedreht.

Der Spielfilm beginnt mit dem Jahre 1933. Lou Andreas-Salomé ist bereits 72 Jahre alt und lebt zurückgezogen, nur umsorgt von einer jungen Frau in Göttingen.

Lou Andreas-Salomé (Nicole Heesters) lebt 1933 in Göttingen Foto© Wild Bunch
Lou Andreas-Salomé (Nicole Heesters) lebt 1933 in Göttingen
Foto© Wild Bunch

Die Psychoanalytikerin erhält eines Tages Besuch von dem Germanisten Ernst Pfeiffer, der vorgibt, sie für einen Freund, der an einer massiven Schreibblokade leidet, als Therapeutin gewinnen zu wollen. Lou Andreas-Salomé erkennt schnell, dass es der Besucher selbst ist, der daran leidet. Schließlich einigen sich beide, und der Germanist beginnt, Lous Biografie zu schreiben. Ernst Pfeiffer wagt sich an diese Aufgabe, er ist ein uneingeschränkter Bewunderer der großen Schriftstellerin, Philosophin und Psychoanalytikerin.

Die junge Lou (Liv Lisa Fries) hinterfragt den christlichen Glauben
Die junge Lou (Liv Lisa Fries) hinterfragt den christlichen Glauben

Schon als Kind war Lou eigenwillig und hatte in ihrem Vater einen geduldigen und fördernden Lehrer, der jedoch zu früh starb. Aber Lou Andreas-Salomé begräbt ihre Pläne nicht, einmal eine eigenständige emanzipierte Frau zu werden.
Im Gegenteil, ihre Mutter, die sie möglichst schnell verheiraten will, stößt dabei auf größten Widerstand ihrer Tochter. Lou hält nichts von Konventionen und dank ihres starken Durchsetzungswillens beginnt sie ein Studium. Sie lernt viele berühmte Männer kennen, die von ihrer starken Persönlichkeit fasziniert sind, die sie jedoch nicht zähmen können. Sie will unabhängig bleiben und doch den Kontakt und wissenschaftlichen Diskurs mit ihnen pflegen. Für Rilke ist sie
„(….) die mütterlichste der Frauen, (und) ein Freund (….), wie Männer sind,ein Weib, so warst Du anzuschauen, und öfter noch warst Du ein Kind. Du warst das Zarteste, das mir begegnet, das Härteste warst Du, damit ich rang. Du warst das Hohe, das mich gesegnet – und wurdest der Abgrund, der mich verschlang.“
Gedicht von Rainer Maria Rilke über Lou Andreas-Salomé

Eine Charakterisierung, die poetischer und präziser nicht vorgenommen werden konnte, die der Film auf seine Weise eindrucksvoll ebenfalls schafft.

Lou Andreas-Salomé –  die Nietzsche verschmäht

Lou Andreas-Salomé (Katharina Lorenz) und Friedrich Nietzsche (Alexander Scheer) diskutieren verschiedene Lebenskonzepte und Vorstellungen.
Lou Andreas-Salomé (Katharina Lorenz) und Friedrich Nietzsche (Alexander Scheer) diskutieren verschiedene Lebenskonzepte und Vorstellungen.

Nietzsche, der für jede mögliche Beziehungsform mit ihr bereit war und sie mit diesen Worten überzeugen wollte:

„Wenn Sie sich niemals einem Mann hingeben, dann werden sie niemals das dionysische Prinzip, das leidenschaftliche, das sinnliche, das irrationale Wesen in sich selbst kennen lernen.“

Lou: „Ich halte mich lieber an das apollinische Prinzip,
Rationalität und keine Abhängigkeit von Gefühlen.“
Nietzsche: „Das, ist der Weg zum innersten Kern aller Dinge.“
Lou: „Dazu brauche ich aber keinen Mann.“

Schließlich geht sie mit Rainer Maria Rilke eine sexuelle Beziehung ein, die sie ihrem Ehemann Friedrich Carl Andreas bisher verweigert hatte.

11. Lou (Katharina Lorenz, 2. von links) lernt ihren späteren Ehemann Friedrich Carl Andreas (Merab Ninidze, rechts) kennen.
11. Lou (Katharina Lorenz, 2. von links) lernt ihren späteren Ehemann Friedrich Carl Andreas (Merab Ninidze, rechts) kennen.

Bald leidet Lou jedoch unter der beengenden Liebe des labilen Dichters. Sie trennt sich von Rilke, öffnet sich dem von Nietzsche propagierten dionysischen Prinzip der Leidenschaft und lebt es in einer Fülle von Affären aus.

Heute ist kaum vorstellbar, wie schwierig dieser Weg damals für eine Frau war, deshalb ist der Film eine längst überfällige Hommage an diese kämpferische Frau, die einmal gesagt hat:

„Nichts vermag eine Frau so wahrhaft zu emanzipieren als die Ahnung, dass man ihr durch irgendeine Enge, in der man sie künstlich hält, denWeg verwehrt, auf dem sie zu voller frommer
Hingebung und Andacht dem Leben gegenüber gelangen könnte. Den Punkt finden könnte, von dem aus das Leben und sie selbst ihre geheimnisvoll ineinanderrinnende Harmonie feiern.“

Ein sehr sehenswerter Film mit den hervorragenden Schauspielerinnen Liv-Lisa Fries, Katharina Lorenz und Nicole Heesters, die Lou Andreas-Salomé in den einzelnen Lebensabscnnitten überzeugend darstellen.

Kinostart: 30. Juni 2016

Alle Fotos: © Wild Bunch

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Ingrid
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