La Antena

Es stürmt draussen, das erste Mal seit langem und soeben ist der Bilder- und Musiksturm von diesem kleinen argentinischen Wunder abgeklungen. Ich erwartete ein billig gemachtes, schwarz-weisses Sci-Fi B-Movie doch bereits als das Buch La Antena von einer körperlosen Hand geöffnet wird und die „stumme“ Stadt als 3-D Kartonbild aufgeklappt wird, ist die Erwartungshaltung verschwunden, die Augen weit geöffnet und das Herz hat vor Vorfreude einen Sprung gemacht.

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Esteban Sapir hat ein Meisterwerk der Handwerkskunst und der Fantasie erschaffen, für eine kleine Nische von Menschen, die ein Sci-Fi-Märchen aus der tiefen Vergangenheit zu schätzen wissen. Es ist ein Stummfilm über eine Stadt deren Bewohner ihrer Stimme beraubt worden sind. Nur noch eine einzige Stimme ist übrig und sie singt täglich am TV. Doch wozu sind die Stimmen geraubt worden? Der mächtigste Mann ist Mr. TV, welcher den Menschen nur noch Fernseh-Nahrung gibt, die einzige Nahrungsquelle für den Intellekt, für den Magen und für ein Bisschen Leben. Doch diese Nahrung benötigt bald weitere Energie…

Die armen Menschen sind unter totaler Kontrolle und die Macht des Diktators ist fast grenzenlos. Doch es gibt einen kleinen Funken Hoffnung. Die „Stimme“ vom TV hat einen Sohn ohne Augen. Er hat die Stimme von seiner Mutter geerbt… damit er wieder sehen kann, geht seine Mutter einen Pakt mit dem Teufel ein.

Ein Nachbarsmädchen erhält durch einen Zufall die falsche Post und somit einen Hinweis, welcher sie auf die Spur des Jungen führt. Ihr Vater bekommt dadurch die Chance, seine kaputte Familie zu reparieren und die Geschichte der Stadt zu verändern…

Visuell wird mit allerlei Montagen gespielt. Die Schauspieler spielen mit den eingeblendeten Texten. Frühe Sci-Fi Werke werden grandios zitiert. In Schwarz-Weiss sieht dies alles absolut bezaubernd aus. Was in Farbe billig gewirkt hätte bekommt plötzlich einen Sinn und somit ist die Farblosigkeit nicht nur eine Art, die Trostlosigkeit der Stadt zu versinnbildlichen oder die Zeit (ca. 1920er Jahre) darzustellen, sondern auch über das geringe Budget hinwegzutäuschen. Und dies mit grandiosem Erfolg.

Die klassische Musik ist wie das Bild, ein Mittel um die Spannung hoch zu halten und ist so mitreissend zwischen schwelgerischen Tönen und Tango-Elementen, dass allein die Verbindung von Bild und Musik genügt hätte um über eineinhalbstunden zu begeistern.

 

 

Fazit: „Die Stadt der verlorenen Kinder“ trifft auf „Hugo Cabrét“ mit den Mitteln des Stummfilms. Für Freunde des Aussergewöhnlichen eine ganz grosse Empfehlung.

 

 

 

Photos: KMBO

 

Standardbild
UrsHoesli
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