Der Produzent und Pianist Kamaal Williams, der 2016 als eine Hälfte des Jazz-Duos Yussef Kamaal bekannt wurde, hat mit seiner auf den Dancefloor fokussierten Auseinandersetzung mit dem Jazz das Genre wiederbelebt. Nun setzt er mit seinem neuen Album „Wu Hen“, wie bereits auf dem Solo-Debüt „The Return“ 2018, seinen Sound ohne das kraftvolle Trommeln seines ehemaligen Partners Yussef Dayes ein weiteres Mal um.
Mit „Wu Hen“ behält Kamaal Williams seine musikalische Richtung zwar bei, doch er dringt immer stärker in das Jazz-Funk-Territorium vor. Dabei geht er einen Mittelweg zwischen einem spirituell ausgelegten Funk und den glänzenden Texturen des Smooth Jazz.
Die von Miguel Atwood-Ferguson toll arrangierten Streichersequenzen überzeugen im nachdenklichen Opener „Street Dreams“. Der ansteckende Funk von „Mr. Wu“ oder der langsame Aufbau der Titel „Toulouse“ und „Pigalle“, die durch die Soli des Saxophonisten Quinn Mason glänzen, machen deutlich, hier sind kreative und perfekte Bandmitglieder um Kamaal am Werk. Das Stück „One More Time“ vermittelt ein irritierendes Gefühl, aber Rick Leon James‘ geschmeidiger Bass gleicht das wieder aus. Das minimalistische Stück „1989“ erinnert an Filmmusik, die von Williams‘ schimmerndem Keyboardspiel dominiert wird, während gelegentliche Saxofon-Einschübe von Quinn Mason vorbeischlüpfen.
Der Titel des Albums Wu Hen erklärt sich durch den Spitznamen, den Henrys Großmutter ihm einst als Kind gab. Die taiwanesische Seite seiner Familie stammt ursprünglich aus der Wu-Dynastie, und der Name Wu wird mit „Tor zum Himmel“ übersetzt. Auf „Wu Hen“ wird ein Weg von seiner Abstammungslinie bis hin zu seiner heutigen spirituellen Mission verfolgt, der sich auch im wolkenähnlichen Cover des Künstlers Othelo Gervacio widerspiegelt.
Auf dem Album verbinden sich transzendentale Momente von reiner Schönheit mit der rauen Energie des Alltags – beides hat seine Berechtigung und wird wie im Dualismus von Ying und Yang miteinander verbunden. Ein Album, das diese gegensätzlichen Spannungen auf schöne, aufregende Weise aufeinanderprallen lässt.
Tracklist
1 – Street Dreams (Feat. Miguel Atwood-Ferguson*)
2 – One More Time
3 – 1989*
4 – Toulouse*
5 – Pigalle
6 – Big Rick
7 – Save Me
8 – Mr.Wu
9 – Hold On (Feat. Lauren Faith)
10 – Early Prayer
https://www.kamaalwilliams.com
Foto: Glauco Canalis