Herrumbre – Nacho Duato

Am 14. Februar 2016 präsentiert das Staatsballett Berlin die Premiere von „Herrumbre“, eine Choreographie von Nacho Duato. Ausgehend vom Erlebnis der Terroranschläge in Madrid im Jahr 2004 und den medial verbreiteten Fotografien aus dem Gefangenenlager Guantanamo setzt sich „Herrumbre“ mit Folter und Terror auseinander. Das Unbegreifbare, die Beraubung der Menschenrechte und Erniedrigung bis zum Verlust der Würde wird in Tanz übersetzt. Begleitet wird die Choreographie von Passagen für Violoncello, elektronischer Musik und realen Klängen aus Gefängnissen während sieben Tänzerinnen und zehn Tänzer vor und mit einer beweglichen Metallkonstruktion agieren. Bis zum 28. Februar 2016 sind insgesamt sechs Vorstellungen von „Herrumbre“ auf der Bühne der Staatsoper im Schiller Theater zu sehen.

Äußerst politisch präsentiert sich diese wichtige Arbeit von Nacho Duato. Entstanden ist „Herrumbre“ 2004, in jenem Jahr, als in Madrid morgendliche Pendler terroristischen Bombenanschlägen zum Opfer fielen und die Fotografien von gefolterten Häftlingen des US-amerikanischen Gefangenenlager Guantanamo um die Welt gingen. Ermüdet von der Fülle an alltäglich gewordenen medialen Bildern, die den Betrachter abstumpfen und gleichgültig werden lassen, setzte sich Duato choreographisch mit den Themen
Folter und Terror auseinander. Doch „Herrumbre“ handelt „nicht nur von Folter, sondern auch davon, wie der Mensch zu einem so erniedrigenden Extrem wie dem Verlust der Würde gelangen kann… Ich vergleiche den Menschen mit Eisen, das oxidiert, wie wenn die Seele Rost (span. ‚herrumbre‘) ansetzt. Wenn ich versuche, mir vorzustellen, was einen Menschen dazu bringt, einen anderen zu foltern, finde ich keine Antwort auf meine Frage. Deshalb arbeite ich an dieser Choreographie: Für mich ist es etwas Unfassbares, es ist noch schwerer zu begreifen als die Vorstellung vom brutalen Töten“, so Nacho Duato.In der Choreographie wird die Beziehung zwischen Opfer und Henker auf schmerzliche Weise deutlich, ausdrucksstarke Bewegungen prägen das Vokabular. Angst und Ungewissheit beherrschen vereinzelt Tanzende, während ihre Counterparts nach psychischer und physischer Auslöschung trachten. Das einzelne Opfer begegnet der Mehrheit und ihrer Brutalität. Tanz wird hier zur Anklage: „Die Angst zeichnet die Figuren im Raum, stilisiert wie ein durch Unterdrückung erstickter Schrei“, so Duato.

Pedro Alcalde, langjähriger Begleiter von Duatos Werken, hat gemeinsam mit Sergio Caballero, Co-Leiter des Sonár Festivals für elektronische Musik in Barcelona und experimenteller Soundkünstler, die klangliche Grundlage geschaffen. Reale Klänge aus Gefängnissen, elektronische Musik und Kompositionen für Violoncello von David Darling begleiten und unterstreichen die Choreographie. Das Bühnenbild des irakischen Architekten Jaffar Chalabi, eine bewegliche Metallkonstruktion, wird von den Tänzern
in die Bewegungen integriert, begleitet von einem Wechsel aus fahlem Licht und scharfkantigen Schatten, einem Lichtdesign von Brad Fields.
Im Rahmen der Vorbereitungen auf „Herrumbre“ engagiert sich Nacho Duato auch auf gesellschaftlicher Ebene zum Thema Folter. Er unterstützt die Kampagne „Stop Folter“ von Amnesty International und die Petition „Angemessene Gesundheitsversorgung für traumatisierte Flüchtlinge“, für die noch bis 31. März 2016 Unterschriften gesammelt werden. Sie fordert die Verbesserung der Nachbetreuung von Flüchtlingen, die in Deutschland ankommen und unter den Folgen von Folter leiden.

HERRUMBRE
Choreographie Nacho Duato
Musik Pedro Alcalde, Sergio Caballero und David Darling („Dark Wood“)
Bühne Nacho Duato
Kostüme Francis Montesinos
Licht Brad Fields
Es tanzen Solisten und Corps de ballet des Staatsballetts Berlin
Musik vom Tonträger

Premiere

HERRUMBRE
14. Februar 2016 in der Staatsoper im Schiller Theater

Weitere Vorstellungen
16., 18., 21., 26. und 28. Februar 2016
Spieldauer: ca. 65 Minuten ohne Pause
Tickets: 20–68 Euro, ermäßigt 10–34 Euro
Ticketservice
TELEFON +49 (0)30 20 60 92 630
E-MAIL tickets@staatsballett-berlin.de
FAX +49 (0)30 20 35 44 83

Fotos: Fernando Marcos

Standardbild
Ingrid
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