GGP/RMX: Saftige Adrenalinspritze

Das musste ja so kommen. Renommierte Producer und Remixer wie Cornelius, Machinedrum, Yosi Horikawa, Rone und Squarepusher haben sich das im vergangenen Jahr erschienene, selbstbetitelte Album von GoGo Penguin vorgenommen und remixt. Für Kenner der Band aus Manchester ist das vielleicht keine große Überraschung. Chris Illingworth (p), Nick Blacka (b) und Rob Turner (dr) mögen dem repetitiven Minimalismus von Komponisten wie Philip Glass eine Menge zu verdanken haben. Aufgewachsen sind sie jedoch in der Ära von Techno und Drum and Bass, deren Geist seit jeher ein wesentlicher Bestandteil ihrer Musik war. Oft entstanden ihre Songs mit Hilfe ausgeklügelter Beat-Programme, bevor sie für ein akustisches Trio arrangiert und eingespielt wurden. Insofern war die Saat für ein Remix-Projekt von Anfang an da.

GGP/RMX beginnt mit einer sehr schön umgebauten Neuinterpretation des Stücks „Kora“ von Cornelius, der die Kernmelodie allerdings einigermaßen intakt lässt.

Der Track „F Major Pixie“ ist gleich in zwei verschiedenen Remixen vertreten. Dem französischen Musiker und Produzenten Rone gelingt eine emotional bewegende Neuschöpfung, ohne die Integrität des Originals zu verlieren. Squarepushers Version, die auf den charakteristischen Hooks der Originalkomposition aufbaut, beginnt dagegen mit einer sparsamen Bassimprovisationen, die sich in der Intensität immer mehr steigert und zu einer gewaltigen Klanglandschaft aufbaut.

In „Atomised“ transponiert Machinedrum das für den Track charakteristische arpeggierte Klavier auf einen herrlich knackigen Synthesizer, was dem Track eine völlig neue Atmosphäre verleiht. Die Percussion verlagert sich nach ein paar Takten auf die Drum-Machine, der kantige, härtere Sound tritt in den Vordergrund und verortet den Track sofort im Techno-Genre.

Dem für seine Field Recordings und elektronischen Produktionen bekannten japanischen Musiker und Sounddesigner Yosi Horikawa gelingt ein beschwörender Remix des Stücks „Embers“. Der Japaner greift das zentrale Thema des Tracks, ein sich langsam aufbauendes Feuer, auf und verstärkt die Textur durch Hinzufügen von geräuschvollem Knistern und Überlagerungen mehrere Frequenzen. Schließlich hilft ein brummelnder Bass dem anfangs schleppenden Rhythmus auf die Beine und steigert sich zum lodernden Crescendo.   

Erfindungsreiche neue Aufnahmen kommen auch von aufblühenden britischen Talenten wie Nathan Fake, der mit seinem pulsierenden, effektbeladenen Remix „Open“ brilliert, James Holden, der ein majestätisches, cineastisches „Totem“ offeriert und Clark, der dem Stück „Petita“ einen grüblerischen Vibe verleiht. Schließlich setzt das Portico-Quartett mit seiner ergreifenden Rekonstruktion von „Don’t Go einen beschwörenden Schlusspunkt.      

Remix-Projekte gelten häufig als bloße Dancefloor-taugliche Adaptionen. Hier aber liegt der Fall anders. GGP/RMX ist ein lebendiges und überraschendes Album geworden, das die reichhaltigen Kompositionen des Originals in einer ausgedehnten Klanglandschaft neu interpretiert. Der Remix ist dabei insgesamt nicht schneller oder etwa beat-lastiger, vielmehr klingt  GGP/RMX wie ein Paralleluniversum des ursprünglichen Tracklisting. Manchmal exzellent, manchmal herausfordernd, in jedem Fall aber neugierig machend auf die Zukunft einer exzellenten, innovativen Band, die sicherlich noch für weitere Überraschungen sorgen wird.

VÖ: 07.05.2021 / Label: Blue Note/Universal

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Hans Kaltwasser
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