Eine amerikanische Familie – Lionel Shriver

Was ist aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten im Jahr 2029 geworden? In den Vereinigten Staaten von Amerika nur noch wenig davon zu spüren. Auch die Familie Mandible – noch lebendig in drei Generationen – muss langsam erkennen, dass nichts mehr so ist, wie es bisher war: Angefangen von der Währung bis hin zum Wasser. Das eine gibt es nicht mehr, und das andere darf nur sparsam verbraucht werden.

Stattdessen gibt es eine Reservewährung und alle Goldbesitztümer, über die die US-Bürger verfügen, werden eingesammelt. Auch Florence Mandible, die mit ihrem Lebensgefährten und ihrem 13-jährigen Sohn zusammenlebt, bleibt nicht davon verschont. Sorgsam versteckt sie die vier kleinen Goldkelche, ein vorzeitiges Erbe.

Die Inflation schreitet immer weiter fort, jetzt kostet Kohl, der schon einige Zeit den täglichen Speiseplan bestimmt, 48 Dollar. Auch Florence Schwester muss ihre psychotherapeutische Praxis schließen. Es gibt keine Patienten mehr, die ihre teueren Behandlungen bezahlen könnten. Als deren Mann Lowell  seine Anstellung als Wirtschaftsprofessor verliert, rücken die beiden Familien zusammen, was zu noch mehr Verdruss führt. Florence bescheidenes Haus ist nun überfüllt. Und der tägliche Kampf, etwas zu essen zu besorgen, wird immer schwieriger. Bald stehen sogar Eltern und Großeltern vor Florence Tür.

Es gibt schließlich nur noch einen Ausweg, den der lebenstüchtige Sohn vorschlägt, und der erweist sich als sehr weitsichtig ……

Mit Ironie und Klugheit entwirft Lionel Shriver ein düsteres Zukunftsszenario, in dessen Zentrum eine US-amerikanische Familie steht und das gar nicht so unwahrscheinlich erscheint. Fehlende politische Weitsicht, der unkritische Glaube an den Kapitalismus, nationale Überhöhung, Globalisierung und Klimakatastrophe, können eine Weltmacht zum Erliegen bringen. Die brillant erzählende Autorin nimmt nicht nur die eigene Nation kritisch-komisch ins Visier, sondern ist in jeder Hinsicht schrecklich weitsichtig.

Lionel Shriver

Eine amerikanische Familie

496 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag
Übersetzt von: Werner Löcher-Lawrence
ISBN: 978-3-492-05821-6
Verlag: Piper

Lionel Shriver, geboren 1957 in Maryland, USA, lebt mit ihrem Mann, dem Jazzmusiker Jeff Williams, in London und Brooklyn. Ihr in 25 Sprachen übersetzter Roman »Wir müssen über Kevin reden« wurde mit dem Orange Prize for Fiction ausgezeichnet. Auch ihr um ein Gedankenspiel kreisender Roman »Liebespaarungen« erhielt international höchstes Kritikerlob und stand wochenlang auf den Bestsellerlisten. Zuletzt erschien von ihr der für den National Book Award nominierte Roman »Dieses Leben, das wir haben«.

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Ingrid
Kunst und Kultur, Musik und Bücher, ohne sie ist ein Leben denkbar, aber für mich sinnlos. Darum habe ich diesen Blog ins Leben gerufen. Es macht viel Spaß, ihn zu gestalten - ich hoffe, den Usern, ihn zu lesen. Nicht alles, was gedruckt wird, muss gelesen, nicht jedes Album gehört werden. Was die User hier finden, gefällt mir und den Gastautoren, die ab und zu Lust haben, etwas zu schreiben.
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