Die Sterne – Flucht in die Flucht

 

Die Sterne. Sie lassen sich nicht unterkriegen. Sie überleben und kommen (mittlerweile nur noch alle 4 Jahre) jeweils in glänzender Form zurück.

 

Verwunderung und leichter Frust

„Flucht in die Flucht“ ist unverkennbar Sterne. Es ist vollkommen egal, wie Die Sterne ihre Lieder verpacken, ein Ton von Frank Spilkers Sprech-Gesang und der Fall ist klar. „Wo kann ich hingehn um ich zu sein, ist es unmöglich, sich zu befreien. Wo fängt der Anfang an?“  Die Welt von Spilker ist abgesteckt. Schon ist man wieder drin im Rumpel-Groove und gibt sich zu Beginn aber auch einer gewissen Ratlosigkeit hin.

Im zweiten Song „Drei Akkorde“ sind sie musikalisch fast bei „Wenn dir St. Pauli auf den Geist fällt“ und das ist sehr gut so. Denn sie können theoretisch extrem schöne, unkitschige Pop-Balladen schreiben. Wenn sie wollen. Aber besser selten als nie.

Frank ist nicht alleine

Kommt dann Guz ins Spiel? „Ihr wollt mich töten“, da singt doch Guz? Eigentlich gar nicht so abwegig, ist er musikalisch vielleicht die Paarung, die am besten zu den Sternen passt. Erinnert melodietechnisch zu Beginn ein wenig an 10 kleine Jägermeister, hat dann aber ein paar schöne Wortspiele. Überhaupt ist die Platte natürlich wieder voller Spiele. Voller Sätze welche man noch nicht versteht, voller Andeutungen. Und irgendwie ist vieles auf Anhieb nicht richtig zu fassen. Ab und an wurde der Refrain „vergessen“ (Menschenverachtendverliebt / Hirnfick) oder der Song ist mehr eine Meditation als ein Lied (Innenstadt Illusionen, ein interessant an „Moon Safari Air“-erinnerndes Stück Musik). Die Sterne waren schon immer eine Band für den Kopf und bleiben deshalb vielleicht ein Bisschen zu distanziert, was zum Teil aber auch mit Spilker’s ungekünsteltem, unpathetischen Gesang zu tun hat. Popmusik oder Liebesschwulst wäre zu einfach. Sie verpacken ihr Kopfkino in fluffigen Punk-Pop, in dunkel stampfenden Rock (so ca. „Songs of faith and devotion“-Depeche Mode), in leichten jedoch doppelbödigen Deutsch-Pop oder bringen einen Gospelchor im Refrain in Stellung. Immer mal wieder driften sie sanft in die Psychadelia oder bringen ein weibliches „Ich“ ins Spiel. Abwechslungsreicher waren die Sterne wohl noch nie. Nur die Disco vom letzten Album 24/7 fehlt (leider).

Wenn man, z.B. während „Der Bär“ ein wenig wegdriftet, so kommt plötzlich wieder eine schöne Melodie um die Ecke und zieht einem zurück in die Platte. „Mein Sonnenschirm umspannt die Welt“ oder der kurze, rasante folk-poppige Ausflug „Mach mich vom Acker“ sind solche Eingänge, nachdem man unvermittelt wieder durch eine Falltür aus der Platte rausgefallen ist.

Beiseitegestellt, mit leichtem Zwiespalt. Weitergehört und plötzlich:

 

Es wächst. Es wächst. Verwundert stellt man fest, dass bald einmal alles irgendwie zusammenpasst, dass der Bär, wenn man sich dem nonchallanten und leicht affektierten Gesang hingibt ziemlich spannend ist. Die Sterne stehen also gut für uns. Eigentlich auch keine Überraschung.

 

11. Oktober 2014, Exil, Zürich

Ich erinnere mich gerne an ihr Konzert von vor 16? Jahren im Gewölbe des Dynamo. Das war Popmusik zum abtanzen und nachstudieren. Es war heiss wie die Hölle, aber damals hat mich das ja noch nicht gestört. Seither hab ich die Sterne nie mehr live gesehen. Sie waren und sind eine Wucht und sie haben mittlerweile so viele (theoretische) Hits auf Lager dass sie die geilste Best-Of aller Zeit produzieren könnten.

Wenn sie Anfang Oktober im Exil zu Gast sind, kommt in Scharen. Sterne sind ein Ereignis, egal welche Platte sie grad am Start haben. Auch egal wie man zu ihren Platten steht. Wer sie mal gesehen hat, weiss wovon ich spreche.

Es wird für immer so sein, dass die Sterne im gleichen Atemzug mit Blumfeld und Tocotronic genannt werden und zwar an dritter Stelle. Sie hatten nie den gleichen Status wie die Vorhergenannten aber sie haben überlebt und Frank Spilker ist auch nach 22 Jahren noch immer der Grösste.

„Es ist gemütlich unter dem Tresen zu liegen, ich lade euch ganz herzlich dazu ein, es ist in Ordnung kein Getränk mehr zu kriegen, es fühlt sich gut an damit durch zu sein“

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Vö: 29.08.2017 / Label: Staatsakt

 

Weitere Tourdaten:

08.10.2014: Münster, Sputnikhalle

09.10.2014: Köln, Gebäude 9

10.10.2014: Stuttgart, Wagenhallen

11.10.2014, Zürich, Exil

13.10.2014: Frankfurt am Main, Zoom

14.10.2014: Heidelberg, Kulturhaus Karlstorbahnhof

15.10.2014: Erlangen, E-Werk

16.10.2014: München, Strom

17.10.2014: Graz, ppc

18.10.2014: Linz, Posthof

20.10.2014: Dresden, Beatpol

21.10.2014: Leipzig, Conne Island

22.10.2014: Berlin, Lido

31.10.2014: Hamburg, Uebel & Gefährlich

 

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UrsHoesli
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