Die Hände des Pianisten von Yali Sobol

 

Joav Kirsch ist Pianist, er lebt mit seiner Frau Chagit in Tel Aviv. Dank seiner Freundschaft mit dem Journalisten Alon ist es den beiden gelungen, frühzeitig aus Tel Aviv zu verschwinden, bevor die Explosionen losgingen. Jetzt ist der Krieg vorbei. Seit sie zurück sind, hat sich nicht nur im Leben des Pianisten einiges verändert. Die Hoffnung seiner Mutter, dass Joav einmal ein Starpianist mit internationalem Ruf wird, sind zwar noch nicht begraben, doch seit er dem Wettbewerbsalter entronnen ist, sind die Auszeichnungen ausgeblieben. Durch die zum Schlechten veränderten politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse haben Stimmung und Moral der Bewohner gelitten. Joav gibt nun häufiger Recitals, die kostenlos sind. Sie sollen die Bewohner positiv beeinflussen. Was ihn am meisten schmerzt, sind die schlecht gestimmten Klaviere, auf denen er sich schließlich weigert zu spielen.
Im selben Maße wie die demokratischen Rechte der Bürger abnehmen, wächst der polizeiliche Sicherheitsapparat. Es wird Jagd gemacht auf sogenannte Schieler, die mit dem Gedanken spielen, Israel zu verlassen. Im Zuge dessen wird Joav vorgeladen und ausgefragt. Chagit, die als Cutterin bei einer Fernsehanstalt arbeitet, gerät während einer Redaktionsrazzia durch die Polizei unter Druck, da sie den USB-Stick eines Kollegen gerade zur Aufbewahrung in einem sicheren Versteck entgegengenommen hat. Geldknappheit macht sich bei dem Paar bemerkbar und immer häufiger kommt es deswegen zum Streit. Da erinnert sich Joav an ein Gespräch mit einem älteren Ehepaar, das sich sehr wohlwollend über sein Klavierspiel geäußert hat. Der Mann hatte ihm seine Visitenkarte überreicht. Bereits nach dem ersten Kontakt, scheint sich für Joav das Blatt zu wenden. Er ahnt nicht, dass es der Beginn einer Entwicklung ist, die alles in den Schatten stellt…

Dem Autor Yali Sobol gelingt es, mit subtiler Spannung ein fiktives Szenario der Entwicklung eines Staates zum Polizeistaat zu entwerfen, mit Folgen, die einige wenige Menschen nach oben befördern, um die meisten aber mit Ängsten, Unsicherheiten, Ungerechtigkeiten und Gewalt zu überlassen, in einer aus den Fugen geratenen Zeit. Sehr empfehlenswert! IMK

Yali Sobol wurde 1972 in Haifa, Israel, geboren. Mit 21 gründete er die Rockband „Monica Sex“, die drei sehr erfolgreiche Alben veröffentlichte und in Israel als Kultband gilt. „Die Hände des Pianisten“ ist sein dritter Roman. Er lebt in Tel Aviv.

Yali Sobol

Die Hände des Pianisten

Roman
288 Seiten

erschienen im März 2014

Übersetzt von Markus Lemke
ISBN 978-3-88897-926-2
Verlag: Kunstmann

Standardbild
Ingrid
Kunst und Kultur, Musik und Bücher, ohne sie ist ein Leben denkbar, aber für mich sinnlos. Darum habe ich diesen Blog ins Leben gerufen. Es macht viel Spaß, ihn zu gestalten - ich hoffe, den Usern, ihn zu lesen. Nicht alles, was gedruckt wird, muss gelesen, nicht jedes Album gehört werden. Was die User hier finden, gefällt mir und den Gastautoren, die ab und zu Lust haben, etwas zu schreiben.
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