Danielsson Neset Lund: sun blowing

Spontane Sessions, bei denen die Musiker ohne große Vorbereitungen ins Studio marschieren und spielen, um zu sehen, was dabei herauskommt, sind heute im Jazz eher eine Seltenheit. Mit ihrem heute erschienenen Album „sun blowing“ erwecken die drei in Kopenhagen lebenden Musiker Lars Danielsson (Bass), Marius Netset (Sax) und Morten Lund (Drums) diese Tradition zu neuem Leben.

Die Idee zu ihrem Projekt kam den dreien bereits 2012 im Zug bei ihrer Rückreise von der Jazz Baltica. Doch erst ein paar Jahre später, als das für seine feinen Jazzproduktionen bekannte Kopenhagener Millfactory Studio die Möglichkeit der kostenlosen Nutzung für einen Tag bot, griffen die Musiker zu und spielten in ein paar Stunden und praktisch ohne Nachbearbeitungen „sun blowing“ ein. Herausgekommen ist ein Album mit erlesenen acht Tracks, das die Atmosphäre einer von großer Spielfreude und Sicherheit im Zusammenspiel geprägten Session einfängt. Hier agiert ein Trio als souveräne Einheit, deren Musiker ihre Parts mit traumwandlerischer Sicherheit, präzisem Timing und viel Gefühl für Dynamik gegenseitig zuspielen und dem Einzelnen doch Raum für den eigenen Beitrag lassen.

Das Album „sun blowing“ hat keine überflüssigen Füllsel, alle acht Tracks bieten Jazz vom Feinsten und laden zu ausgedehnten, genussvollen Hörsitzungen ein. Schon gleich beim Opener „Little Jump“, einer hüpfenden Hardbop-Nummer, die einen unvermittelt aus den Boxen anspringt, lassen Danielsson, Neset und Lund mit massigen, federnden Basslinien, lakonischem Tenorsaxofon und rollenden Snares die kollektiven Muskeln spielen und nehmen den Zuhörer gefangen. Demgegenüber vermittelt das Titelstück „sun blowing“ mit Danielssons Doppelbass in der Exposition eine geheimnisvolle, hymnenähnliche Atmosphäre, bevor Nesets wehklagendes Saxofon über einer kaum wahrnehmbaren zarten Percussion zu schweben beginnt. „Up North“ wiederum marschiert keck voran, fast wie ein übermütiges Kinderlied, während im Stück „Salme“ Nesets bewegendes Saxofon Reminiszensen an die hypnotischen Elegien von Jan Garbarek weckt.

Die einzige Fremdkomposition auf „sun blowing“ ist der von Don Grolnick geschriebene Song „The Cost of Living“, mit dem sich die drei vor dem 2007 viel zu früh verstorbenen US-amerikanischen Tenorsaxofonisten Michael Brecker verneigen, der das Stück einst für sein Debütalbum einspielte.

Fazit: „sun blowing“ ist ein bemerkenswertes kraftvolles Zeugnis des experimentellen Jazz und exzellentes Album, das hochbegabte Musiker der zeitgenössischen europäischen Jazzszene zusammenbringt.

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  • Format: CD
  • Cat No.: ACT 9821-2
  • Barcode: 0614427982124
  • German Release: 29/04/2016

Foto: Stephen Freiheit

Standardbild
Hans Kaltwasser
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