4 Wheel Drive – vier europäische Ausnahmemusiker

Autofahren ist bei Schnee und Eis wahrlich kein Vergnügen. Autos mit Zweiradantrieb stoßen hier schnell mal an ihre Grenzen. Besser voran geht es da mit dem Allrad, dessen vier angetriebenen Räder doppelt so viel Kraft wie ein 2-WD-Fahrzeug bringen und dafür sorgen, dass bei jedem Wetter das Auto in der Spur bleibt.  

Auf dem Album 4 WHEEL DRIVE haben sich vier europäische Ausnahmemusiker zu einem Jazzquartett zusammengeschlossen, das die schiere Kraft und geschmeidige Präzision eines Allradfahrzeugs verströmt. Michael Wollnys glänzendes Klavierspiel bildet im Verein mit Lars Danielsson virtuos bearbeiteten Bass und Cello und Wolfgang Haffners präzises und kraftvolles Schlagzeug eine tolle Rhythmusgruppe für Nils Landgrens Posaune, die der Schwede mal melodiös, dann wieder fetzig erklingen lässt.

Jeder der vier Musiker hat eine Eigenkomposition beigesteuert. Die restlichen acht Stücke des Albums sind schöne Cover von bekannten Pop- und Rocksongs, zu deren Originalinterpreten sie eine besondere Nähe haben. So ist der Lieblingsbassist des Dänen Danielsson neben Johann Sebastian Bach der ehemalige Beatles-Musiker Paul McCartney, der hier gleich mit zwei Songs vertreten ist. Nils Landgren hat in seinem Repertoire den Songs von Sting einen festen Platz eingeräumt. Und Wolfgang Haffner ist ebenso wie der Genesis-Drummer Phil Collins in Pop und Jazz gleichermaßen unterwegs.    

Neben rasanten, treibenden Stücken, wie dem von Wollny geschriebenen Instrumentalstück „Polygon“, stehen ruhige Pianobar-Balladen wie Billy Joels „She’s Always A Woman“. Der Beatles-Klassiker „Lady Madonna“, einst inspiriert durch Humphrey Littleton‘s „Bad Penny Blues“, ist hier ein funkensprühender reggaegetränkter Ausflug. Einen Gang tiefer schaltet die deutsch-schwedische Musik-Allradmaschine mit dem Phil-Collins-Song „Another Day in Paradise“, bei dem Landgren mit wehmütigem Gesang und einer sanften, getragenen Posaune glänzt.

Kein Song des Albums ist länger als vier bis fünf Minuten, so dass Soli durch hohe handwerkliche Souveränität bestechen und präzise auf den Punkt gebracht werden müssen. Eine Kunst, die strenge Disziplin verlangt und von der Brandford Marsalis erst unlängst sagte, er habe sie bei seiner gemeinsamen Arbeit mit Sting mühsam entwickeln müssen. Dass das deutsch-nordische Quartett diese Kunst meisterhaft beherrscht, zeigt sich nicht zuletzt an der Version des alten Police-Stücks „Shadows in the Rain“, die durch Danielssons abgrundtiefen Bass und Landgrens unprätentiöses bluesiges Tenorsaxofon unterstrichen wird. Dessen Eigenkomposition „4WD“ klingt wiederum so roh wie einst „Smells Like Teen Spirit“, von dem es offensichtlich inspiriert wurde und das sich als treibende Coda dieses höchst erfreulichen Albums bestens eignet. Hearing is Believing.

VÖ: 15.3.2019 bei ACT Foto: Stephen Freiheit

Standardbild
Hans Kaltwasser
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